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Erbrecht

Unwirksamer Erbvertrag aufgrund von Scheidung

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10.03.2025 – 8 W 19/24

Sachverhalt:

Der kinderlose Erblasser setzte 1990 in einem gemeinschaftlichen Ehe- und Erbvertrag die Tochter seiner damaligen Verlobten – also seine spätere Stieftochter – zur Alleinerbin ein. Zugleich vermachte er seiner künftigen Ehefrau ein lebenslanges Wohnrecht am Haus. Die Ehe wurde 1995 geschieden, ohne dass der Erblasser später formell vom Erbvertrag zurücktrat. Nach dem Tod des Erblassers beantragte seine Nichte, Tochter der vorverstorbenen Schwester, einen Erbschein auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge. Die Stieftochter widersprach und berief sich auf die fortbestehende Gültigkeit des Erbvertrages.


Entscheidung:

Das Oberlandesgericht gab der Nichte recht und stellte fest, dass die Erbeinsetzung der Stieftochter durch die Ehescheidung gemäß § 2077 BGB unwirksam geworden ist. Zwar war die Verfügung vertraglich bindend, doch ist sie als im Zusammenhang mit der Eheschließung erfolgt zu bewerten. Die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit greift unabhängig davon, dass der Erblasser keinen formellen Rücktritt erklärt hatte. Anhaltspunkte, dass der Erblasser die Einsetzung der Stieftochter auch für den Fall der Scheidung gewollt habe, sah das Gericht nicht. Die Erbfolge richtet sich somit nach dem Gesetz, und die Nichte ist Alleinerbin.

Arbeitsrecht

Auszahlung von Lebensversicherungssumme

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 6.03.2025 – 5 W 32/24

Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist die Schwester und Alleinerbin eines verstorbenen Arbeitnehmers, für den eine Direktlebensversicherung bestand. Der Versicherungsvertrag sah ein gestuftes Bezugsrecht vor, wonach im Todesfall zuerst der Ehepartner, dann die Kinder, Eltern oder letztlich die Erben bezugsberechtigt sein sollten. Da der Verstorbene unverheiratet war, zahlte der Versicherer die Todesfallleistung in Höhe von rund 68.800 € an dessen zwei Kinder aus. Die Antragstellerin widersprach dieser Auszahlung nachträglich und widerrief das Schenkungsangebot, das ihrer Meinung nach durch den Versicherer übermittelt worden war. Sie wollte den Betrag selbst beanspruchen und begehrte Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Klage.

 

Entscheidung:
Das OLG Saarbrücken bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, wonach der Antragstellerin keine Ansprüche gegen den Versicherer zustehen. Die Kinder des Verstorbenen seien mit dessen Tod im Rahmen des wirksam eingeräumten Bezugsrechts berechtigte Empfänger der Versicherungsleistung geworden. Ein etwaiger Missbrauch im Valutaverhältnis könne nur im Verhältnis zwischen Erbin und Bezugsberechtigten geltend gemacht werden, nicht gegenüber dem Versicherer. Auch eine Schadensersatzpflicht des Versicherers wurde verneint, da dieser aufgrund fehlender offensichtlicher Rechtswidrigkeit nicht pflichtwidrig gehandelt habe. Die Beschwerde wurde abgewiesen, da kein ersatzfähiger Schaden ersichtlich sei und die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Beamtenrecht

Zurruhesetzung eines Schulleiters wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit

OVG Koblenz, Beschluss vom 19.03.2025 – 2 B 10166/25.OVG

 

Sachverhalt:

Ein Rektor an einer Realschule plus in Rheinland-Pfalz wurde aufgrund einer seelischen Erkrankung seit Oktober 2021 als dienstunfähig eingestuft. Seit September 2023 befand er sich in einer Wiedereingliederungsmaßnahme an einer anderen Schule. Ein amtsärztliches Gutachten vom Juli 2024 prognostizierte frühestens zum 1. Juli 2025 eine vollständige Wiederherstellung der Dienstfähigkeit. Daraufhin wurde er im Dezember 2024 vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Gegen diese Maßnahme legte der Beamte Widerspruch ein und beantragte im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs – ohne Erfolg.

Entscheidung:

Das OVG Rheinland-Pfalz bestätigte die Ruhestandsversetzung und wies die Beschwerde des Beamten zurück. Maßstab für die Dienstunfähigkeit sei nicht der konkrete Dienstposten, sondern das abstrakt-funktionelle Amt, für das im konkreten Fall keine alternative Verwendungsmöglichkeit bestand. Das amtsärztliche Gutachten sei aktuell und nachvollziehbar gewesen; auch der ergänzte Wiedereingliederungsplan rechtfertige keine Neubewertung. Eine begrenzte Dienstfähigkeit oder anderweitige Verwendbarkeit sei medizinisch ausgeschlossen worden. Das öffentliche Interesse an der Neubesetzung der Schulleitungsstelle überwiege das Interesse des Antragstellers an einem Verbleib im Dienst bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens.

Schulrecht

Auswahlverfahren für einen Hochschulpräsidenten

VG Hannover, Beschluss vom 10.02.2025 – 6 B 4861/24

Sachverhalt:
Der Senat der Hochschule für Musik, Theater und Medien in B-Stadt führte ein Auswahlverfahren zur Besetzung der Präsidentenstelle durch, in dem zwei Kandidaten vorgeschlagen und angehört wurden. Nachdem der Senat zunächst eine Entscheidung traf, wurde das Verfahren aus formalen Gründen auf den Stand vom 5. Juli 2023 zurückgesetzt. In einer erneuten Abstimmung im Oktober 2024 sprach sich der Senat mehrheitlich gegen den Abbruch des Verfahrens und für die Fortsetzung mit den bisherigen Kandidaten aus. Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur brach das Auswahlverfahren dennoch am 23. Oktober 2024 ab. Dagegen wandte sich der Senat im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Hannover.

 

Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht Hannover verpflichtete das Ministerium im Wege der einstweiligen Anordnung, das Auswahlverfahren fortzuführen. Es stellte klar, dass der Senat aus der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) ein durchsetzbares Recht auf Fortsetzung des Auswahlverfahrens habe, wenn ein Abbruch gegen seinen ausdrücklichen Willen erfolge. Die vom Ministerium angeführten Gründe – etwa eine fehlende Dokumentation oder die lange Verfahrensdauer – seien kein ausreichender sachlicher Abbruchsgrund. Insbesondere dürfe das Ministerium kein politisches Ermessen an die Stelle der hochschulautonomen Entscheidungsfindung setzen. Die Entscheidung stärkt die Rolle des Senats als zentralem Organ der akademischen Selbstverwaltung im Berufungsverfahren.

News diese Woche:

Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen Sportwettensteuer

Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Verfassungsbeschwerden von Online-Sportwettenanbietern mit Sitz in Malta als unzulässig verworfen. Die Beschwerden richteten sich gegen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und mittelbar gegen die Sportwettenbesteuerung nach § 17 Abs. 2 RennwLottG. Die Anbieterinnen rügten u.a. eine fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit sowie – im Fall einer Wettbörse – der Berufsfreiheit. Das Gericht sah diese Einwände als nicht ausreichend begründet an und bemängelte insbesondere eine unzureichende Auseinandersetzung mit bereits bestehender EuGH-Rechtsprechung sowie mit dem legitimen Ziel der Spielsuchtprävention. Auch das Vorbringen zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Steuererhebung reichte nicht aus, um eine Grundrechtsverletzung zu belegen.

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