Koalitionsvertrag 2025 (CDU/CSU, SPD) – wie verbindlich sind die Vereinbarungen?

Einschätzung nach Politikfeldern
Politikfeld | Umsetzungsverbindlichkeit |
---|---|
Arbeit & Soziales | ✅ Hoch |
Infrastruktur & Planungen | ✅ Mittel bis hoch |
Wirtschaft & Industrie | ⚠️ Mittel (teilweise vage) |
Klima & Energie | ⚠️ Mittel (viele Bedingungen) |
Migration & Integration | ✅ Hoch |
Rente & Vorsorge | ✅ Hoch |
Koalitionsverträge entfalten keine unmittelbare Rechtswirkung im Sinne einer Bindung von Legislative oder Verwaltung, besitzen jedoch eine erhebliche politische Steuerungsfunktion. Vor diesem Hintergrund stellt sich regelmäßig die Frage, in welchem Umfang die dort niedergelegten Vereinbarungen über bloße Absichtserklärungen hinausgehen und eine verbindliche Umsetzung erwarten lassen.
Der Koalitionsvertrag 2025 zwischen CDU, CSU und SPD unterscheidet sich von seinen Vorgängern durch eine auffällig hohe Dichte an konkretisierbaren Maßnahmen: In zahlreichen zentralen Politikfeldern enthält er gesetzgeberisch operationalisierbare Projekte, klar definierte Fristen, haushaltswirksame Zweckbindungen sowie institutionelle Neustrukturierungen, die auf eine erhöhte politische und faktische Verbindlichkeit der Verabredungen schließen lassen.
Eine Analyse der Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarungen nach Themenfeldern:
Der Koalitionsvertrag 2025 enthält mehrere Hinweise auf eine wirtschaftspolitische und strukturelle Wende, auch wenn der Begriff „Zeitenwende“ nicht ausdrücklich verwendet wird. Stattdessen wird durchgängig ein Grundton der „umfassenden Erneuerung“, des „Paradigmenwechsels“ und einer „neuen wirtschaftlichen Wachstumsstrategie“ erkennbar. Die Koalition beschreibt dabei eine Anpassung bestehender Politik, und einen systemischen Kurswechsel in mehreren Politikfeldern:
- Wirtschaftspolitische Neuausrichtung
- Diagnose: Der Vertrag konstatiert eine „anhaltende Wachstumsschwäche“ der deutschen Wirtschaft und das Ausbleiben notwendiger Strukturreformen.
- Zielsetzung: Es wird das Ziel formuliert, das Potenzialwachstum wieder auf über 1 % zu steigern und durch strukturelle Reformen neue Wachstumskräfte freizusetzen.
- Instrumente der Wende:
- Einführung eines Deutschlandfonds mit 100 Mrd. Euro Volumen zur strategischen Lenkung von Investitionen,
- Steuersenkungen, insbesondere bei der Körperschaftsteuer,
- Bürokratieabbau und Digitaloffensive,
- aktive Standortpolitik, insbesondere durch Infrastrukturinvestitionen.
- Infrastruktur- und Investitionswende
- Mit dem Sondervermögen Infrastruktur von 500 Mrd. € bis 2030 wird ein beispielloser Investitionsrahmen geschaffen, der unabhängig von der Schuldenbremse wirkt.
- Die Koalition spricht explizit von einem „Booster für Infrastruktur“ und einem „Beweis, dass Deutschland seine Probleme aus eigener Kraft lösen kann“.
- Verwaltungs- und Planungswende
- Einführung eines einheitlichen Infrastrukturverfahrensrechts („One-for-Many“)
- Abkehr vom klassischen Planfeststellungsverfahren, gesetzgeberische Priorisierung von Infrastrukturvorhaben,
- gesetzgeberisch angekündigte Verkürzung aller Genehmigungsverfahren.
- Sozial- und Migrationspolitik: Systemwechsel
- Abschaffung des Bürgergelds und Einführung einer strengeren Grundsicherung.
- Verlagerung der Migrationssteuerung hin zu Kontrolle, Rückführung und Arbeitsmarktmigration.
- Einführung einer Frühstart-Rente, verpflichtende Altersvorsorge für Selbständige.