Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik
Themenübersicht
Erbrecht
„Kein Erbe wegen Urlaubs-Testament – OLG München verneint allgemeine Erbeinsetzung“
OLG München, Beschluss vom 7.10.2025 – 33 Wx 25/25e
Sachverhalt:
Die kinderlose und unverheiratete Erblasserin verstarb 2019, ihr Bruder – ebenfalls kinderlos – folgte ihr 2020. Eine Bekannte legte ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2007 vor, in dem die Erblasserin schrieb, dass im Falle eines Unglücks „auf den Reisen“ die Bekannte Alleinerbin sein solle. Das Originaltestament war nicht mehr auffindbar, nur eine Kopie sowie ein Foto existierten. Das Nachlassgericht hatte die Erteilung eines Erbscheins an den Nachlasspfleger des Bruders abgelehnt, weil es die Echtheit und den Geltungsbereich des Testaments für zweifelhaft hielt. Gegen diese Entscheidung legte der Nachlasspfleger Beschwerde beim OLG München ein.
Entscheidung:
Das OLG stellte fest, dass das Testament formwirksam errichtet worden war und der Verlust des Originals nicht automatisch einen Widerruf bedeutet. Es hielt es für plausibel, dass das Original auf dem Postweg verloren ging, da Foto und Zeugenaussagen die Echtheit stützten. Dennoch legte das Gericht das Testament so aus, dass die Erbeinsetzung nur für den Fall eines gleichzeitigen Todes der Erblasserin und ihres Bruders auf Reisen gelten sollte. Da dieser Fall nicht eingetreten war, trat gesetzliche Erbfolge ein, und der Bruder galt als Alleinerbe. Eine allgemeine Schlusserbeneinsetzung der Bekannten verneinte das Gericht ausdrücklich.
Arbeitsrecht
Dauerbefristet statt dauerhaft – EU-Generalanwalt rügt Spaniens Umgang mit Kettenverträgen
EuGH, Schlussantrag vom 9.10.2025 – C 418/24
Sachverhalt:
Im zugrundeliegenden Fall war eine Arbeitnehmerin (TJ) mehrere Jahre im öffentlichen Dienst der Comunidad de Madrid auf Basis aufeinanderfolgender befristeter Verträge beschäftigt. Nachdem die Gerichte den Missbrauch dieser Kettenverträge feststellten, wurde ihr Arbeitsverhältnis in ein sogenanntes „unbefristetes, aber nicht dauerhaftes“ Arbeitsverhältnis umgewandelt – eine Besonderheit des spanischen Rechts. TJ verlangte jedoch die Anerkennung als „dauerhaft Beschäftigte“ mit vollem Schutzstatus. Der Oberste Gerichtshof Spaniens legte daraufhin dem EuGH die Frage vor, ob die nationale Regelung mit der EU-Richtlinie 1999/70/EG über befristete Arbeitsverträge vereinbar ist. Diese Richtlinie verlangt Maßnahmen gegen den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Verträge.
Antrag:
Generalanwalt Norkus prüft, ob Spaniens System des „unbefristeten, aber nicht dauerhaften“ Vertrags unionsrechtskonform ist. Er erkennt an, dass der Staat wegen verfassungsrechtlicher Prinzipien (Gleichheit, Leistung, Befähigung) nicht verpflichtet ist, befristete Beschäftigte automatisch zu Dauerangestellten zu machen. Jedoch müsse das nationale Recht andere wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen gegen den Missbrauch solcher Verträge vorsehen. Die bloße Umwandlung in ein „unbefristetes, aber nicht dauerhaftes“ Verhältnis reiche hierfür nicht aus, da sie die Beschäftigten weiter in prekären Verhältnissen halte. Der Generalanwalt betont, dass Spanien nur dann den EU-Vorgaben genügt, wenn effektive Entschädigungen oder andere konkrete Maßnahmen zur Sanktionierung und Prävention von Missbrauch existieren.
Beamtenrecht
„Kein Eilrechtsschutz im Konkurrentenstreit – VG München bestätigt Auswahl zugunsten besser beurteilter Bewerberin“
VG München, Beschluss vom 8.10.2025 – M5 E 25.3424
Sachverhalt:
Eine Konrektorin bewarb sich auf eine höher dotierte Funktionsstelle (A 13 mit großer Amtszulage) an einer Münchner Grundschule, unterlag jedoch einer Mitbewerberin. Die Auswahlbehörde begründete ihre Entscheidung mit der besseren aktuellen Beurteilung der ausgewählten Bewerberin („übertrifft die Anforderungen“) gegenüber der Antragstellerin („entspricht den Anforderungen“). Die Antragstellerin beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Besetzung bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Bewerbung zu stoppen. Sie machte Verfahrensfehler geltend, u. a. angebliche Unterschriften zugunsten ihrer Bewerbung sowie das Fehlen einer aktuellen Anlassbeurteilung. Der Dienstherr entgegnete, die Unterschriften seien bloße Formalien und eine Anlassbeurteilung sei mangels zeitlicher Voraussetzungen nicht erforderlich gewesen.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht München sah keinen Anspruch der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz. Zwar sei die Eilbedürftigkeit gegeben, doch fehle es an einem Anordnungsanspruch, da das Auswahlverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde. Formelle Fehler – insbesondere die Unterschriften zweier Sachbearbeiterinnen – lagen nicht vor, und der Besetzungsvermerk genüge den Dokumentationspflichten. Eine Anlassbeurteilung der Antragstellerin war nach den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien nicht erforderlich, weil sie erst wenige Monate zuvor befördert worden war. Da die Mitbewerberin eine bessere, aktuelle Beurteilung vorweisen konnte, war ihre Auswahl sachlich gerechtfertigt und der Antrag abzuweisen.
Kommunalrecht
„Postkartenblick sticht nicht: VG München erlaubt Mobilfunkmast trotz Gemeindewiderstand“
VG München, Beschluss vom 2.10.2025 – M1 S 25.1683
Sachverhalt:
Eine bayerische Gemeinde wandte sich gegen die vom Landratsamt erteilte Baugenehmigung für einen rund 30 m hohen Mobilfunkmast am Waldrand ihres Ortsteils. Sie verweigerte mehrfach ihr gemeindliches Einvernehmen mit Verweis auf das Landschaftsbild, den Regionalplan und vermeintlich bessere Alternativstandorte. Die Baugenehmigungsbehörde ersetzte schließlich das Einvernehmen und genehmigte den Mast, da dieser der Telekommunikationsversorgung diene. Die Gemeinde erhob Klage und beantragte im Eilverfahren, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Sie machte geltend, der Antrag sei unvollständig gewesen und das Vorhaben nicht ortsgebunden, da es auch Standorte im Innenbereich gebe.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht München wies den Antrag der Gemeinde ab, da die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben werde. Die Baugenehmigung verletze die Planungshoheit der Gemeinde nicht, weil das Einvernehmen rechtmäßig ersetzt worden sei. Der Mobilfunkmast sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert, ortsgebunden und für die öffentliche Versorgung mit Telekommunikationsdiensten erforderlich. Öffentliche Belange – etwa der Landschaftsschutz oder der Regionalplan – stünden dem Vorhaben nicht entgegen, zumal der Gittermast sich optisch in die Umgebung einfüge. Auch formelle Einwände wie die behauptete Rücknahmefiktion des Bauantrags oder fehlende Alternativprüfungen griffen nicht durch.
News diese Woche:
Bundesverwaltungsgericht kippt bayerische Regelung zu Roten Gebieten
Das Bundesverwaltungsgericht hat die bayerische Ausweisung sogenannter „Roter Gebiete“ mit erhöhtem Nitratbelastungsrisiko für rechtswidrig erklärt. Die zugrunde liegende Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung verfüge laut Gericht über keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage und verletze damit Eigentumsrecht und Berufsfreiheit der Landwirte. Nach Auffassung des Gerichts ist § 13a der bundesweiten Düngeverordnung zu unbestimmt, um belastete Gebiete rechtssicher auszuweisen. Auch die vom Bund erlassene Verwaltungsvorschrift (AVV GeA) reiche nicht aus, da sie keine rechtliche Außenwirkung gegenüber den Betroffenen entfalte. Das Urteil dürfte über Bayern hinaus Bedeutung haben und könnte zu einer grundlegenden Neuregelung des deutschen Düngerechts führen.
