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WDR muss „Bündnis Sahra Wagenknecht“ zur „Wahlarena 2024 Europa“ einladen

Arbeitsrecht – Erbrecht - Schulrecht

WDR muss „Bündnis Sahra Wagenknecht“ zur „Wahlarena 2024 Europa“ einladen

Europaflagge

Aktenzeichen: 13 B 494/24 (I. Instanz VG Köln 6 L 928/24)

Es ist ein immer wiederkehrendes Ritual: Fernsehsender laden Parteien zu einer Wahlarena ein, berücksichtigen aber nicht alle angetretenen Parteien. Daraufhin klagen die nicht eingeladenen Parteien sich in die Sendung.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1962 in seinem Beschluß BVerfGE 14, 121 entschieden:

  1. Die Verteilung von Sendezeiten im Rundfunk zum Zwecke der Wahlpropaganda muß am Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen der politischen Parteien gemessen werden.
  2. Der Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen fordert, daß die Rechtsordnung jeder Partei grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und Wahlverfahren und damit die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet.
  3. Mit dem Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen verträgt es sich, die jeweilige Bedeutung der politischen Parteien bis zu einem gewissen Grade bei der Bemessung der Sendezeiten zur Wahlpropaganda in Rechnung stellen.

 

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) muß den Spitzenkandidaten der Partei “Bündnis Sahra Wagenknecht” (BSW) zur ARD-Wahlsendung am Donnerstag einladen. Ursprünglich waren nur Vertreter von SPD, CDU, B90/Grüne, FDP, AfD und Linken eingeladen. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) basiert auf dem verfassungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit für politische Parteien. BSW-Spitzenkandidat Fabio De Masi wird nun in der ARD-“Wahlarena 2024 Europa” Platz nehmen.

Worum geht es:

Am 06.06.2024 findet im Vorfeld der Europawahl die ARD-Sendung „Wahlarena 2024 Europa“ statt. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) lädt Vertreter der Parteien SPD, CDU, CSU, B90/Grüne, FDP, AfD und Die Linke ein. Die Sendung wird als Townhall Meeting gestaltet, bei dem das Publikum den Politikern vorab eingereichte Fragen stellt. Themenrückblicke auf die ablaufende Wahlperiode sind ebenfalls vorgesehen, um die Zahl der Gäste zu begrenzen und eine informationsgewinnende Diskussion zu ermöglichen. Der WDR entschied, nur Parteien einzuladen, die im aktuellen Europäischen Parlament stark vertreten sind und in Deutschland ein relevantes Gewicht haben.

Das Verwaltungsgericht Köln lehnte den Eilantrag der Partei BSW zur Teilnahme ab. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) gab der Beschwerde der BSW jedoch statt. Das OVG führte aus, dass die BSW aufgrund des verfassungsrechtlichen Gebots der Chancengleichheit an der „Wahlarena 2024 Europa“ teilnehmen darf. Das Sendungskonzept des WDR rechtfertigt die Nichtberücksichtigung der BSW nicht hinreichend. Obwohl Rückblicke auf die vergangene Wahlperiode vorgesehen sind, liegt der Fokus des Formats auf zukunftsgerichteten Fragen des Publikums, was eine Teilnahme der BSW erfordert.

Das Kriterium, nur Parteien einzuladen, die auch in Deutschland ein relevantes Gewicht haben, verlangt die Teilnahme der BSW. Diese hat in Umfragen 4 bis 7 Prozent erreicht, teilweise bessere Chancen als FDP und Die Linke. Auch strukturell ist die BSW gut aufgestellt und nimmt an verschiedenen Wahlen teil. Die geringe Mitgliederzahl und die fehlende parlamentarische Vertretung sind aufgrund der Neugründung nicht ausschlaggebend.

Der WDR kann seine redaktionelle Freiheit und die Chancengleichheit der BSW in Einklang bringen, da die Teilnahme eines achten Gastes die Sendung nicht beeinträchtigt und retrospektive Elemente beibehalten werden können. Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.

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