Zulässigkeit der Übermittlung sogenannter Positivdaten an SCHUFA
Bundesgerichtshof entscheidet über Zulässigkeit der Übermittlung sogenannter Positivdaten an SCHUFA
BGH bestätigt Zulässigkeit der Übermittlung bestimmter Positivdaten an die SCHUFA – Klare Grenzen, klare Rechtsgrundlage
Mit Urteil vom 14. Oktober 2025 (VI ZR 431/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine für die Praxis der Kredit- und Betrugsprävention bedeutsame Entscheidung getroffen. Der VI. Zivilsenat, zuständig unter anderem für datenschutzrechtliche Streitigkeiten, bestätigte die Abweisung einer Unterlassungsklage eines Verbraucherverbandes gegen ein großes Telekommunikationsunternehmen. Dieses hatte sogenannte Positivdaten – insbesondere Stammdaten sowie die Information über das Bestehen oder die Beendigung eines Mobilfunkvertrags – an die SCHUFA übermittelt.
Die Entscheidung stellt klar, dass bestimmte Formen der Datenübermittlung zulässig sind, sofern sie auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO gestützt werden können und einem legitimen, überwiegenden Interesse dienen.
Ausgangssachverhalt
Das verklagte Telekommunikationsunternehmen übermittelte bis Oktober 2023 bei Postpaid-Mobilfunkverträgen regelmäßig:
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Identitätsstammdaten (Name, Anschrift etc.),
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Informationen über den Abschluss und die Beendigung des Mobilfunkvertrags.
Diese Daten („Positivdaten“) enthielten keine negativen Zahlungserfahrungen, sondern rein vertragsbezogene Informationen. Die Übermittlung erfolgte – unstreitig – auch zur Betrugsprävention, insbesondere in Fällen mehrfacher Vertragsabschlüsse unter Angabe falscher Identitäten zur Erlangung hochwertiger Endgeräte.
Ein Verbraucherverband sah hierin einen Verstoß gegen die DSGVO und klagte auf Unterlassung jeder Übermittlung dieser Daten an die SCHUFA. Sowohl das Landgericht Düsseldorf als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf wiesen die Klage ab.
Entscheidung des BGH
Der BGH hat die Revision des Verbraucherverbandes zurückgewiesen und damit die Klageabweisung bestätigt.
Zu weit gefasster Unterlassungsantrag
Der Unterlassungsantrag zielte darauf ab, jede Übermittlung von Positivdaten unabhängig vom Zweck pauschal zu verbieten. Ein solcher Antrag erfasst auch Konstellationen, die datenschutzrechtlich zulässig sind. Damit war der Antrag bereits formell zu weitgehend.
Zulässigkeit der Übermittlung zur Betrugsprävention
Materiell-rechtlich betont der Senat, dass die Übermittlung bestimmter Positivdaten durch ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO gerechtfertigt ist. Das Gericht stellt auf folgende Faktoren ab:
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Hohes Schadensrisiko bei Postpaid-Mobilfunkverträgen durch Identitätstäuschungen und Serienverträge zum Erhalt teurer Smartphones.
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Notwendigkeit eines wirksamen Identitätsabgleichs zur Prävention solcher Straftaten.
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Überwiegen der Interessen des Unternehmens gegenüber dem Interesse der Verbraucher an vollständiger Unterlassung der Datenübermittlung.
Der BGH bestätigt damit indirekt die Zulässigkeit einer eng begrenzten Datenübermittlung im Bereich der Identitäts- und Betrugsprüfung.
Keine Entscheidung über SCHUFA-interne Verarbeitung
Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass er nicht über die Frage entscheiden musste, ob und in welcher Weise die SCHUFA die übermittelten Daten verarbeitet oder in ihr Scoring einbezieht. Prozessual war allein das Verhalten des Telekommunikationsunternehmens streitentscheidend.
Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit für Unternehmen, die im Massengeschäft mit hoher Betrugsanfälligkeit operieren. Gleichzeitig grenzt der BGH klar ein, dass eine pauschale Unterlassungsklage ohne Differenzierung zwischen zulässigen und unzulässigen Zwecken nicht durchdringen kann.
Wesentlich ist:
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Die Übermittlung dient einem legitimen, dokumentierten und gewichtigen Interesse der verantwortlichen Stelle.
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Die Daten sind inhaltlich auf das Erforderliche beschränkt (Stammdaten, Vertragsbeginn/-ende).
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Die Abwägung fällt aufgrund der hohen Schadensrisiken zugunsten des Unternehmens aus.
Unternehmen müssen allerdings weiterhin beachten:
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Eine datenverwendungsübergreifende Weiterverarbeitung durch die SCHUFA wurde nicht legitimiert.
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Sobald Positivdaten für andere Zwecke – etwa als Bestandteil eines Scoringmodells – genutzt würden, sind gesonderte Rechtsgrundlagen erforderlich.
Relevanz für die Praxis
Für Telekommunikationsanbieter, Banken und andere risikogeneigte Branchen bietet das Urteil eine belastbare Grundlage für die Übermittlung eng definierter Positivdaten. Datenschutzbeauftragte sollten die Entscheidung in folgende Bereiche einordnen:
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Risikobasierte Betrugspräventionssysteme erhalten Rückendeckung durch Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO.
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Transparenzanforderungen gegenüber Kunden müssen weiterhin beachtet werden.
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Datenminimierung bleibt zwingend: Der BGH akzeptiert nur den engsten funktionalen Datenumfang.
Für Verbraucher bedeutet das Urteil keine Öffnung hin zu weitreichender Positivdatensammlung, sondern lediglich die Bestätigung einer eng begrenzten und zweckgebundenen Datenübermittlung.
