Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Kein Hof, kein Hoferbe – Landwirtschaftsgericht lehnt Hoffolgezeugnis trotz Testament ab
OLG Hamm, Beschluss vom 30.06.2025 – 10 W 31/25
Sachverhalt:
Ein Landwirt hatte seinen Betrieb bereits in den 1990er Jahren wegen Krankheit und zur Erlangung einer Altersrente aufgegeben und die landwirtschaftlichen Flächen langfristig an seinen Enkel verpachtet. In seinem handschriftlichen Testament aus dem Jahr 2015 ordnete er eine getrennte Vererbung von Hofstelle und landwirtschaftlichen Flächen an. Der Enkel beantragte nach dem Erbfall ein Hoffolgezeugnis und berief sich auf die gesetzliche Hoferbfolge. Das Amtsgericht Warburg gab dem Antrag zunächst statt, da es trotz der langen Betriebsruhe von einem noch bestehenden Hof im Sinne der Höfeordnung ausging. Gegen diesen Beschluss legten andere Erben Beschwerde ein und argumentierten, der Hof sei faktisch längst aufgelöst.
Entscheidung:
Das Oberlandesgericht stellte klar, dass ein Hof im Sinne der Höfeordnung nur vorliegt, wenn eine wirtschaftliche Betriebseinheit besteht oder kurzfristig wiederherstellbar ist. Im vorliegenden Fall sei der Betrieb bereits 1995 endgültig aufgegeben worden, lebendes Inventar fehle und der Maschinenpark sei unzureichend und veraltet. Der testamentarische Wille des Erblassers habe auf eine dauerhafte Trennung von Hofstelle und landwirtschaftlicher Fläche abgezielt, eine Fortführung als Hof war erkennbar nicht beabsichtigt. Die Hofeigenschaft sei daher bereits vor dem Erbfall entfallen, die gesetzliche Höfeordnung finde keine Anwendung. Der Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses wurde deshalb zurückgewiesen.
Arbeitsrecht
Geheime Informationen geteilt – Personalratsmitglied wegen Bruchs der Schweigepflicht ausgeschlossen
OVG Bremen, Beschluss vom 21.05.2025 – 6 LP 74/25
Sachverhalt:
Ein Personalratsmitglied eines bremischen Eigenbetriebs hatte trotz interner Hinweise und ohne förmlichen Beschluss seinen Kolleginnen und Kollegen die vertraulichen Inhalte eines Abschlussberichts über eine Organisationsuntersuchung per E-Mail angeboten und in mindestens zwei Fällen auch versandt. Der Bericht war nur einem kleinen Kreis von Führungskräften und Mitbestimmungsgremien zugänglich gemacht worden. Trotz Aufforderung der Geschäftsführung unterließ das Mitglied die Weitergabe zunächst nicht und verteidigte sein Verhalten als Beitrag zur Transparenz. Das Verwaltungsgericht sah darin eine grobe Pflichtverletzung und schloss das Mitglied aus dem Gremium aus. Gegen diese Entscheidung legte das Mitglied Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bremen ein.
Entscheidung:
Das OVG Bremen bestätigte den Ausschluss mit der Begründung, dass der Abschlussbericht nicht als offenkundig galt, da er nicht allgemein bekannt oder zugänglich war. Die gesetzliche Schweigepflicht greife unabhängig von einer ausdrücklichen Vertraulichkeitserklärung und sei auch ohne Beschluss des Personalrats bindend. Die Weitergabe sensibler Informationen stelle eine objektiv schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die das Vertrauen in die zukünftige Amtsführung zerstöre. Die Handlung sei vorsätzlich erfolgt, da das Mitglied sich der Bedeutung und Tragweite bewusst war, jedoch dennoch gegen den internen Konsens und die Schweigepflicht handelte. Das Gericht betonte, dass eine solche Pflichtverletzung die frühzeitige Einbindung des Personalrats durch die Dienststellenleitung gefährde und somit die Funktionsfähigkeit des Gremiums beeinträchtige.
Beamtenrecht
Keine Rückkehr in den Polizeidienst – Ruhestandsbeamter scheitert mit Reaktivierungsklage
VGH München – Beschluss vom 18.06.2025 – 6 ZB 25.444
Sachverhalt:
Ein ehemaliger Polizeibeamter, der seit 2014 wegen Dienstunfähigkeit im Ruhestand ist, beantragte seine Wiedereinstellung in den aktiven Polizeivollzugsdienst. Zur Begründung trug er vor, seine Dienstfähigkeit sei wiederhergestellt. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht Regensburg kamen jedoch nach zwei medizinischen Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, Tätigkeiten seines früheren Statusamts auszuüben. Der Kläger argumentierte, er könne zumindest in bestimmten Teilbereichen oder im Verwaltungsdienst eingesetzt werden. Nachdem das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hatte, beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung, scheiterte aber auch damit.
Entscheidung:
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies den Zulassungsantrag zurück, da keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestünden. Das Verwaltungsgericht habe nachvollziehbar festgestellt, dass der Kläger nicht mehr dienstfähig sei, da er die Fähigkeit zur Anwendung unmittelbaren Zwangs – eine zentrale Voraussetzung im Polizeivollzugsdienst – nicht mehr erfülle. Auch die Möglichkeit einer Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst komme mangels Laufbahnbefähigung nicht in Betracht. Es bestehe keine Verpflichtung des Dienstherrn, dem Kläger eine Qualifizierung für einen Laufbahnwechsel zu ermöglichen. Ein Verfahrensfehler sei ebenfalls nicht ersichtlich, da das Gericht weder zur Umstellung der Klage noch zur Schadensersatzthematik einen Hinweis habe geben müssen.
Schulrecht
Kein Schulplatz auf dem Klageweg – Privatschule darf bei Aufnahme frei entscheiden
VG Koblenz – Beschluss vom 25.06.2025 – 4 L 244/25.KO
Sachverhalt:
Ein Schüler begehrte im Eilverfahren seine vorläufige Aufnahme an einer katholischen Ersatzschule in freier Trägerschaft. Die Schule hatte seine Aufnahme abgelehnt, obwohl er nach eigenen Angaben die in der Aufnahmeordnung vorgesehenen Kriterien erfüllte. Der Schüler machte geltend, die Ablehnung sei rechtswidrig und diskriminierend. Das Verwaltungsgericht bestätigte jedoch, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt, da auch Privatschulen staatlicher Aufsicht unterliegen und öffentliche Bildungsaufgaben erfüllen. Dennoch scheiterte der Antrag, da der Schulträger im Rahmen seiner grundrechtlich geschützten Gestaltungsfreiheit weitreichende Entscheidungsfreiheit bei der Schülerauswahl hat.
Entscheidung:
Das Gericht stellte klar, dass nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften durch die Ersatzschule voll gerichtlich überprüfbar ist – interne Auswahlkriterien hingegen nur eingeschränkt, solange sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Im vorliegenden Fall seien keine Verstöße gegen Vorschriften der Übergreifenden Schulordnung oder gegen höherrangiges Recht, insbesondere den Gleichheitssatz, erkennbar. Die Schule habe das Aufnahmeverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und die maßgeblichen Kriterien sachgerecht angewandt. Auch das Kriterium der „erzieherischen Zusammenarbeit“ sei nicht offensichtlich rechtswidrig. Da kein Anordnungsanspruch besteht, war der Eilantrag auf vorläufige Aufnahme unbegründet.
News diese Woche:
Klingbeil hält an Brosius-Gersdorf-Kandidatur fest
SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil hält trotz Plagiatsvorwürfen an der Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht fest und fordert eine erneute Abstimmung im Bundestag. Er sieht den Widerstand gegen die Juristin als Ergebnis einer rechten Kampagne und betont, dass die Vorwürfe ausgeräumt seien. Die Union hatte zuvor ihre Zustimmung zurückgezogen, was zu einer Verschiebung der Wahl und Spannungen in der jungen schwarz-roten Koalition führte. Trotz des Streits betonte Klingbeil sein vertrauensvolles Verhältnis zu Kanzler Friedrich Merz, sieht aber Reformbedarf bei der Schuldenbremse. Er mahnte die Union, sich an vereinbarte Projekte zu halten, obwohl CSU-Chef Söder zuletzt eine Zusammenarbeit mit der Linken ablehnte.