Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Voraussetzungen für die Annahme einer Enterbung
OLG Zweibrücken Beschluss vom 27.05.2024 – 8 W 41/23
Sachverhalt:
Der am 31.01.2022 verstorbene Erblasser hatte ein Testament vom 01.07.2018 verfasst, in dem er seine Tochter C.H. als Alleinerbin einsetzte, mit der Klausel, dass sein Sohn S. nur den Pflichtteil erhalten soll, da dieser bereits das Pflichtteil seiner Mutter ausgezahlt bekommen hatte. Nach dem Tod des Erblassers schlug die Tochter C.H. das Erbe aus, und die im Testament als Ersatzerbin eingesetzte Lebensgefährtin des Erblassers war bereits verstorben. Daraufhin beantragte die Enkelin der Lebensgefährtin, als Ersatzerbin eingesetzt zu werden, was der Sohn des Erblassers ablehnte. Das Nachlassgericht entschied zunächst zugunsten der Enkelin der Lebensgefährtin, was der Sohn des Erblassers anfocht.
Entscheidung:
Das Nachlassgericht hatte ursprünglich entschieden, dass die Enkelin der Lebensgefährtin des Erblassers als Ersatzerbin eingesetzt werden könne, basierend auf der vermuteten Intention des Erblassers, sein Vermögen der Familie seiner Lebensgefährtin zu hinterlassen. Der Sohn des Erblassers legte jedoch Beschwerde ein und argumentierte, dass der Erblasser keinen Willen zur Einsetzung der Enkelin der Lebensgefährtin als Ersatzerbin gezeigt habe. Das Gericht stellte fest, dass der Erblasser ausdrücklich nur seine Tochter und seine Lebensgefährtin als Erben vorgesehen hatte und keine weiteren Ersatzerben benannt hatte. Es wurde entschieden, dass eine solche Auslegung des Testaments über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus nicht gerechtfertigt sei. Somit greift die gesetzliche Erbfolge, wobei der Sohn des Erblassers erbt, da keine weiteren Anordnungen zur Ersatzerbschaft im Testament enthalten sind.
Arbeitsrecht
Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds des Betriebsrats
LAG Niedersachsen, Urteil vom 6.05.2024 – 4 Sa 446/23
Sachverhalt:
Ein Betriebsratsmitglied wurde aufgrund des Verdachts des Kokainkonsums während der Arbeitszeit außerordentlich gekündigt. Das Arbeitsgericht Oldenburg hatte die Kündigung für wirksam befunden, und der Kläger legte Berufung ein. Er bestritt den Konsum von Kokain und behauptete, es handele sich um Schnupftabak. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung zurück und bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Entscheidung:
Das Gericht sah den dringenden Verdacht des Kokainkonsums als ausreichend für eine Verdachtskündigung an. Es stellte fest, dass die Verweigerung eines Drogentests durch den Kläger den Verdacht verstärkte. Der Kläger konnte den Vorwurf nicht entkräften, da seine Erklärungen widersprüchlich waren. Die Kündigung war verhältnismäßig, da das Vertrauen in den Kläger irreparabel beschädigt war. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung lag ordnungsgemäß vor, weshalb die Kündigung rechtswirksam ist.
Beamtenrecht
Entfernung aus dem Dienst wegen nicht genehmigter Nebentätigkeit
VGH Mannheim Urteil vom 16.04.2024 – DL 16 S 2046/22
Sachverhalt:
Ein Beamter klagte gegen seine Entlassung aus dem Dienstverhältnis, nachdem ihm verschiedene Dienstvergehen vorgeworfen wurden, darunter ungenehmigte Nebentätigkeiten und Betrug. Der Kläger war im gehobenen Forstdienst tätig und unterstützte die Stadt A. beim Holzverkauf ohne Genehmigung. Ihm wurde zur Last gelegt, falsche Abrechnungen erstellt und Vorteile angenommen zu haben. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies seine Klage ab, und die Berufung des Klägers wurde vom Berufungsgericht ebenfalls zurückgewiesen.
Entscheidung:
Das Gericht stellte fest, dass der Kläger seine Nebentätigkeit im Holzverkauf ohne Genehmigung ausgeübt hatte und diese nicht genehmigungsfähig war, da sie dienstliche Interessen beeinträchtigte. Es wurde festgestellt, dass der Kläger bei der Ausübung seiner Nebentätigkeit die Loyalität gegenüber seinem Dienstherrn vermissen ließ und die Leistungen seines Dienstherrn gegenüber der Stadt A. in ein schlechtes Licht rückte. Der Kläger versuchte, die Nebentätigkeit zu verschleiern, was seine Vorsätzlichkeit verdeutlicht. Die Höhe der durch die Nebentätigkeit erzielten Einnahmen und die lange Dauer der Pflichtverletzung wurden als erschwerend bewertet. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Pflichtverletzungen des Klägers das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig zerstört haben, was seine Entfernung aus dem Dienst rechtfertigte.
Schulrecht
Pflicht zur Schaffung richterrechtlicher Übergangsregelungen bei Mängeln einer Prüfungsordnung
BVerwG 6 C 5.22, Urteil vom 24. April 2024
Sachverhalt:
Ein Rettungsassistent klagte gegen das endgültige Nichtbestehen der Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter. Nachdem er den ersten Versuch nicht bestanden hatte, fiel er auch bei der Wiederholungsprüfung durch. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, doch das Oberverwaltungsgericht verpflichtete die Beklagte zur Zulassung zu einer weiteren Prüfung. Die Beklagte legte Revision ein, die das Bundesverwaltungsgericht zuließ und die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufhob.
Entscheidung:
Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Anfechtungsklage des Klägers zulässig ist, weil das Prüfungsverfahren durch die Aufhebung des Bescheids wieder aufgenommen wird. Es erkannte an, dass die Zahl der Fachprüfer gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 NotSan-APrV nicht hinreichend bestimmt war und daher die Regelung nichtig ist. Das Oberverwaltungsgericht hätte eine richterrechtliche Übergangsregelung treffen müssen, um die Chancengleichheit zu wahren. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Nichtigkeit zu einem Anspruch auf eine erneute Prüfung führt, war nicht korrekt. Daher wurde die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
News diese Woche
BGH: Martin Kind zwischen Komik und Tragik
Sachverhalt:
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH rechtens war, womit ein zweijähriger Streit beendet wird. Das Urteil bestätigt die Auffassung des Vereins, dass Kind an der sensiblen Schnittstelle zwischen Kapitalgebern und Vereinsmitgliedern nicht mehr tragbar ist. Trotz des Urteils bleibt Kind in mehreren anderen Positionen innerhalb des 96-Konstrukts aktiv, darunter im Aufsichtsrat der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA. Der Konflikt um seine Rolle bei Hannover 96 verdeutlicht die Spannungen um die 50+1-Regel, die die Entscheidungshoheit bei den Vereinen hält. Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die zukünftige Führung und die strategische Ausrichtung des Vereins.
Dieses Urteil ist relevant für unsere Mandanten, da es die rechtliche Gültigkeit der 50+1-Regel bestätigt und zeigt, dass Investoren trotz finanzieller Beteiligung nicht die Kontrolle über einen Verein übernehmen können.