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Themenübersicht
Erbrecht
Zum Nachweis im Grundbuchverfahren, dass bei einer Erbeinsetzung eine auflösende Bedingung (Pflichtteilsstrafklausel) nicht eingetreten ist
OLG Schleswig Beschluss vom 16.08.2024 – 2x W 46/24
Sachverhalt:
In dem Beschluss vom 16. August 2024 (Az. 2x W 46/24) befasste sich das Oberlandesgericht Schleswig mit der Frage, wie im Grundbuchverfahren nachzuweisen ist, dass eine auflösende Bedingung bei einer Erbeinsetzung nicht eingetreten ist. Konkret ging es um eine Pflichtteilsstrafklausel, die vorsieht, dass ein Erbe seinen Erbanspruch verliert, wenn er den Pflichtteil geltend macht. Die Erben wollten ohne Vorlage eines Erbscheins als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden. Das Grundbuchamt verlangte jedoch einen Nachweis, dass die Pflichtteilsstrafklausel nicht ausgelöst wurde. Die Erben legten daraufhin notarielle Erklärungen vor, in denen sie bestätigten, den Pflichtteil nicht geltend gemacht zu haben.
Entscheidung:
Das Oberlandesgericht Schleswig entschied, dass notarielle Erklärungen der Erben gemäß § 29 GBO ausreichend sind, um den Nichteintritt der auflösenden Bedingung nachzuweisen. Diese Erklärungen müssen bestätigen, dass die Erben den Pflichtteil nicht eingefordert haben. Das Gericht stellte klar, dass ein Erbschein in solchen Fällen nicht zwingend erforderlich ist, sofern die genannten Erklärungen vorliegen. Diese Entscheidung erleichtert den Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren bei Vorliegen von Pflichtteilsstrafklauseln. Sie entspricht der herrschenden Meinung und früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
Arbeitsrecht
Kündigung einer Betriebsratsvorsitzenden
ArbG Köln, Beschluss vom 08.08.2024 – 6 BV 25/24
Sachverhalt:
Die Vorsitzende des Betriebsrats eines Vereins mit etwa 540 Mitarbeitenden war seit 2002 als Juristin im Unternehmen tätig und seit 2015 Betriebsratsvorsitzende. Ab Mai 2022 war sie vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt. Ab Anfang 2023 kam es zu Konflikten bezüglich mobilen Arbeitens und der Zeiterfassung. Die Vorsitzende ignorierte mehrfach die Weisung des Arbeitgebers, ihre Tätigkeit am Sitz des Betriebsrats zu erbringen, und verweigerte die Teilnahme an einem Personalgespräch. Zudem legte sie monatliche Aufzeichnungen vor, die nicht alle in der elektronischen Zeiterfassung erfassten Arbeitszeitüberschreitungen abbildeten, was der Arbeitgeber als versuchten Arbeitszeitbetrug wertete.
Entscheidung:
Das Arbeitsgericht Köln ersetzte die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung der Vorsitzenden gemäß § 103 Abs. 1 und 2 BetrVG in Verbindung mit § 15 KSchG. Es sah in ihrem Verhalten einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB. Die unvollständigen Aufzeichnungen wurden als Täuschungsversuch gewertet, um unberechtigten Freizeitausgleich zu erlangen. Das Gericht betonte, dass die Vorsitzende über die korrekte Dokumentation ihrer Arbeitszeiten informiert war und der Arbeitgeber auf ihre Angaben vertraute. Angesichts der Schwere des Vorwurfs hielt das Gericht eine weitere Abmahnung für entbehrlich und die Kündigung für verhältnismäßig, auch unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit.
Beamtenrecht
Wirksamkeit von Einstellungshöchstaltersgrenzen im Polizeidienst; Bewerbungsablehnung wegen Tätowierung in Form eines Pentagramms
OVG Berlin-Brandenburg Beschluss. v. 5. August 2024 – OVG 10 S8/24
Sachverhalt:
Ein Beamter der Bundespolizei trug eine Tätowierung in Form eines schwarzen Rings am linken Ringfinger, die er als symbolischen Ehering betrachtete. Die Bundespolizei untersagte ihm das Tragen dieser sichtbaren Tätowierung während des Dienstes, da sie gegen die Uniformitätsvorschriften verstoße. Der Beamte legte dagegen Widerspruch ein und beantragte vorläufigen Rechtsschutz, um die Anordnung bis zur endgültigen Entscheidung auszusetzen. Das Verwaltungsgericht lehnte seinen Antrag ab, woraufhin er Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegte. Er argumentierte, dass die Tätowierung sein Persönlichkeitsrecht betreffe und keinen negativen Einfluss auf die Neutralität der Uniform habe.
Entscheidung:
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies die Beschwerde des Beamten zurück und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Es stellte fest, dass das Verbot der sichtbaren Tätowierung einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beamten darstellt, dieser jedoch gerechtfertigt sei. Die Uniformität und Neutralität des Erscheinungsbildes der Bundespolizei hätten Vorrang vor individuellen Ausdrucksformen. Das Gericht betonte, dass die Tätowierung, auch wenn sie als Ehering interpretiert werde, die Neutralität der Uniform beeinträchtigen könne. Daher sei das Verbot verhältnismäßig und rechtmäßig.
Schulrecht
Zur Kapazitätsgrenze von Schulen
OVG Münster Beschluss vom 19.08.2024 – 19 B 695/24
Sachverhalt:
Ein Schüler beantragte die Aufnahme an einer weiterführenden Schule, wurde jedoch aufgrund begrenzter Kapazitäten abgelehnt. Er erhob daraufhin Klage und beantragte einstweiligen Rechtsschutz, um vorläufig zum Unterricht zugelassen zu werden. Das Verwaltungsgericht wies seinen Antrag ab, woraufhin er Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einlegte. Der Schüler argumentierte, dass die Ablehnung rechtswidrig sei und seine Bildungschancen unzulässig einschränke. Er berief sich auf sein Recht auf freie Schulwahl und die Gleichbehandlung mit anderen Bewerbern.
Entscheidung:
Das OVG Münster bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und lehnte die Beschwerde des Schülers ab. Es führte aus, dass die Schule ihre Aufnahmekapazität ordnungsgemäß ermittelt und die Ablehnung rechtmäßig sei. Die Kapazitätsgrenzen dienten dem Zweck, eine angemessene Unterrichtsqualität zu gewährleisten und seien daher gerechtfertigt. Das Gericht betonte, dass das Recht auf freie Schulwahl nicht uneingeschränkt gelte und durch organisatorische und pädagogische Belange begrenzt werden könne. Zudem sei keine Ungleichbehandlung des Schülers erkennbar, da alle Bewerber nach denselben Kriterien beurteilt wurden.
News diese Woche
BGH nimmt sich Datenskandal von Facebook vor
Der Bundesgerichtshof (BGH) wird am 11. November 2024 erstmals über Schadensersatzansprüche von Facebook-Nutzern verhandeln, deren persönliche Daten durch ein Datenleck im Jahr 2021 öffentlich wurden. Damals gelangten Informationen von rund 533 Millionen Nutzern, darunter etwa sechs Millionen Deutsche, ins Internet. Die Kläger argumentieren, dass Facebook ihre Daten unzureichend geschützt habe und fordern Entschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden. In den Vorinstanzen hatten die Gerichte unterschiedlich entschieden; während ein Gericht den Klägern Schadensersatz zusprach, wies ein anderes die Klage ab. Die anstehende Entscheidung des BGH wird voraussichtlich maßgebliche Leitlinien für zukünftige Fälle dieser Art setzen.