Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Gebührenprivileg bei der Grundbuchumschreibung
OLG Bamberg, Beschluss vom 16.01.2025 – 10 Wx 2/25
Sachverhalt:
Nach dem Tod eines Grundstückseigentümers beantragte eine Miterbin die Umschreibung des Eigentums auf sich, nachdem die Erbengemeinschaft eine Erbauseinandersetzung vorgenommen hatte. Das Grundbuchamt stellte dafür eine Kostenrechnung aus, da es der Auffassung war, dass die Gebührenprivilegierung gemäß Nr. 14110 KV-GNotKG nicht greife. Die Begründung war, dass die Umschreibung nicht direkt als „Erbin“, sondern durch eine Auflassung im Rahmen der Erbauseinandersetzung erfolgt sei und kein Erbnachweis vorliege. Die Miterbin legte hiergegen Erinnerung und später Beschwerde ein, da sie die Gebührenfreiheit für eine solche Grundbuchumschreibung beanspruchte. Das Amtsgericht wies die Erinnerung ab, woraufhin die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Würzburg landete.
Entscheidung:
Das Oberlandesgericht hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und stellte klar, dass die Gebührenprivilegierung auch bei einer Grundbuchumschreibung nach einer Erbauseinandersetzung gilt. Entscheidend sei, dass die Eintragung innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall und zugunsten eines Erben erfolge, unabhängig von der genauen Art der vorherigen Erbauseinandersetzung. Eine Auflassung im Rahmen der Erbauseinandersetzung sei insoweit unschädlich. Zudem sei für die Gebührenbefreiung kein gesonderter Erbnachweis erforderlich, selbst wenn sich die Erbfolge nicht aus den Unterlagen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO ergebe. Die Kostenrechnung wurde aufgehoben, und das Verfahren blieb gerichtsgebührenfrei.
Arbeitsrecht
Hinweispflicht des Arbeitnehmers auf Sonderkündigungsschutz
LAG Hessen, Urteil vom 8.11.2024 – 10 SLa 391/24
Sachverhalt:
Eine langjährige Mitarbeiterin eines Produktionsunternehmens war mehrfach krankheitsbedingt für längere Zeit arbeitsunfähig. Nach einem erfolgreichen Kündigungsschutzprozess kehrte sie zunächst in die Produktion zurück, konnte dort aber aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht dauerhaft arbeiten. In einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) wurde ein Arbeitsplatz in der Montage für sie gefunden, doch auch dort meldete sie sich erneut krank. Ihr Arbeitgeber sprach daraufhin eine erneute ordentliche Kündigung aus, da er keine Möglichkeit für eine leidensgerechte Beschäftigung sah. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage und forderte zudem ihre Weiterbeschäftigung in der Wareneingangskontrolle sowie die Entfernung von Abmahnungen aus ihrer Personalakte.
Entscheidung:
Das Hessische Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte die krankheitsbedingte Kündigung als wirksam. Es stellte fest, dass aufgrund der erheblichen Fehlzeiten der vergangenen Jahre eine negative Gesundheitsprognose vorlag. Zudem sah das Gericht keine Möglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz, insbesondere da selbst der zuletzt gefundene Schonarbeitsplatz zu weiteren Arbeitsausfällen geführt hatte. Auch die Anhörung des Betriebsrats war ordnungsgemäß erfolgt, und ein Sonderkündigungsschutz wegen Schwerbehinderung konnte nicht mehr geltend gemacht werden, da die Klägerin den Arbeitgeber nicht rechtzeitig über ihre Gleichstellung informiert hatte. Darüber hinaus wurden alle weiteren Klageanträge, einschließlich der Forderung nach Annahmeverzugslohn und der Zahlung einer Corona-Prämie, abgewiesen.
Beamtenrecht
Mitschuld auf Autobahn geschädigter Polizisten wegen nicht hinreichender Beobachtung herannahenden Verkehrs
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 5. 12.2024 – 15 U 104/22
Sachverhalt:
Auf einer Autobahn sicherten drei Bundespolizisten eine Unfallstelle ab und hielten sich dabei über eine halbe Stunde auf dem schmalen Streifen zwischen der linken Fahrbahn und einer Betonschutzwand auf. Währenddessen näherte sich ein Pkw mit unangepasster Geschwindigkeit und erfasste die Beamten, wobei einer von ihnen tödlich verletzt wurde. Die Klägerin, die als Dienstherrin für die Beamten einstand, forderte von den Beklagten, darunter der Fahrer des Pkw und dessen Haftpflichtversicherung, Ersatz der geleisteten Versorgungsleistungen für die Hinterbliebenen und Verletzten. Das Landgericht sprach der Klägerin die volle Haftung der Beklagten zu, während diese eine Mitschuld der Beamten geltend machten. In der Berufung wurde über die Haftungsquote und die Höhe der zu erstattenden Ansprüche gestritten.
Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass die Beklagten dem Grunde nach haften, allerdings unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Polizeibeamten in Höhe von einem Drittel. Die Beamten hätten sich nach der Absicherung der Unfallstelle hinter die Betonschutzwand begeben müssen, um sich vor dem herannahenden Verkehr zu schützen. Da sie dies unterließen und sich weiterhin auf dem schmalen Streifen aufhielten, hätten sie sich selbst einer erheblichen Gefahr ausgesetzt. Der Beklagte zu 1) als Fahrer des unfallverursachenden Fahrzeugs traf jedoch ein deutlich höheres Verschulden, da er mit unangepasster Geschwindigkeit und zu geringem Abstand fuhr. Daher wurde die Haftung der Beklagten auf zwei Drittel festgelegt, während die Klägerin für ein Drittel der Schäden selbst einstehen muss. v
Schulrecht
Eilrechtsschutz gegen Hinweis auf Verstoß gegen Schulordnung wegen Niqap
VG Düsseldorf, 4.12.2024, 18 L 2925/24
Sachverhalt:
Eine Schülerin eines Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen wollte während des Unterrichts einen Niqab tragen. Die Schulleitung wies sie darauf hin, dass dies gegen die schulischen Pflichten verstoße und sie gegebenenfalls mit Ordnungsmaßnahmen rechnen müsse. Die Eltern der Schülerin stellten daraufhin einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht, um die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen diese Anordnung durchzusetzen. Sie forderten zudem eine einstweilige Anordnung, die ihrer Tochter das Tragen des Niqab bis zur Hauptsacheentscheidung erlauben sollte. Das Gericht hatte über diese Anträge zu entscheiden.
Entscheidung:
Das Verwaltungsgericht lehnte die Anträge ab. Es stellte fest, dass das Schreiben der Schulleitung keinen Verwaltungsakt darstellt und daher nicht mit einem Widerspruch angreifbar ist. Zudem sah das Gericht keinen hinreichenden Grund für eine einstweilige Anordnung, da die Schülerin durch das Niqab-Verbot nicht unzumutbar benachteiligt werde. Das Tragen einer Gesichtsverhüllung widerspreche der Pflicht zur Mitwirkung am Unterricht, insbesondere an der offenen Kommunikation. Das Gericht betonte, dass die Religionsfreiheit im Schulkontext durch den staatlichen Bildungsauftrag begrenzt werden könne.
News diese Woche
BGH hat über Klage von Künast verhandelt
Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt über die Klage der Grünen-Politikerin Renate Künast gegen den Meta-Konzern, der Facebook betreibt. Streitpunkt ist die Verpflichtung von sozialen Netzwerken, Falschbehauptungen proaktiv zu löschen, insbesondere ein verfälschtes Zitat, das Künast in der Integrationspolitik diskreditieren soll. Der BGH prüft dabei auch europarechtliche Fragen und erwägt eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof.