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Erbrecht

Gericht bestätigt Gültigkeit des handschriftlichen Testaments trotz fehlender Originalurkunde

OLG Hamm, 09.02.2024, 10 W 60/23

 

Sachverhalt:

Der Sachverhalt dreht sich um eine Erbschaftsangelegenheit, bei der verschiedene Testament-Versionen und die Ansprüche verschiedener Parteien auf das Erbe des verstorbenen Erblassers X zur Debatte stehen. Der Erblasser hatte ein notarielles Testament im Jahr 1999 verfasst, das den Verein A. als Erben einsetzte. Ein späteres, handschriftliches Testament von 2016, von dem nur eine Kopie existiert, setzte hingegen den Beteiligten zu 1., einen guten Bekannten und nicht-verwandten Pfleger des Erblassers, als Alleinerben ein und enterbte seine Tochter, die Beteiligte zu 2., explizit.

Nach dem Tod des Erblassers schlugen sowohl der Verein A. als auch die frühere Lebensgefährtin des Erblassers das Erbe aus. Die Tochter des Erblassers und der Bekannte des Erblassers stritten sich daraufhin um das Erbe, wobei die Tochter die Gültigkeit beider Testamente anfocht und der Bekannte auf Basis des handschriftlichen Testaments von 2016 einen Erbschein als Alleinerbe beantragte.

Das Nachlassgericht entschied zunächst zu Gunsten des Bekannten, indem es die Existenz des Originaltestaments von 2016 als glaubhaft ansah und keine Beweise für dessen Vernichtung oder einen Widerruf fand. Die Tochter legte gegen diesen Beschluss Beschwerde ein und argumentierte, dass der Erblasser das Testament vernichtet habe, was von Zeugen teilweise bestätigt wurde. Sie behauptete auch, dass der Erblasser ihr das Haus hinterlassen wollte und das Testament zu ihren Gunsten abgeändert habe.

Das Nachlassgericht wies die Beschwerde ab und legte die Sache zur weiteren Entscheidung dem Senat vor. Die zentrale Frage in diesem Rechtsstreit betrifft die Gültigkeit des handschriftlichen Testaments von 2016 und die Behauptungen über dessen Vernichtung sowie die Intentionen des Erblassers hinsichtlich seiner Erbfolge.

Entscheidung:
Das Gericht hat entschieden, dass die Beschwerde der Beteiligten zu 2, der Tochter des Erblassers, keinen Erfolg hat und daher zurückgewiesen wurde. Die Erbfolge bestimmt sich nach dem handschriftlichen Testament des Erblassers vom 15. September 2016, in dem der Beteiligte zu 1 als Alleinerbe eingesetzt wurde. Das Gericht befand, dass dieses Testament formwirksam nach § 2247 BGB errichtet wurde.

Obwohl die Urschrift des Testaments nicht mehr auffindbar ist, wurde die Existenz und der Inhalt des Testaments durch die vorgelegte Kopie und durch die Beweisaufnahme in erster Instanz als bewiesen angesehen. Die Beweisaufnahme umfasste Zeugenaussagen, die bestätigten, dass der Erblasser das Testament willentlich und mit der Absicht errichtet hat, eine verbindliche Regelung seiner Erbfolge zu treffen. Die Zeugen bestätigten auch, dass der Erblasser trotz ihrer Einwände an der Formulierung des Testaments festgehalten hatte.

Das Gericht führte weiterhin aus, dass keine Anhaltspunkte für eine fehlende Testierfähigkeit des Erblassers vorlagen und dass die von der Tochter erklärte Anfechtung des Testaments nicht erfolgreich war. Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass das Testament durch ein späteres Testament widerrufen oder dass der Erblasser dieses bewusst vernichtet hatte. Die Aussagen der Zeugen, die darauf hindeuteten, dass der Erblasser vielleicht andere Absichten hinsichtlich seiner Erbfolge hatte, waren nicht ausreichend, um einen formgültigen Widerruf des Testaments nachzuweisen.

Letztlich stützte das Gericht seine Entscheidung auf den Grundsatz, dass die Nicht-Auffindbarkeit der Testament-Urschrift nicht automatisch bedeutet, dass das Testament vom Erblasser widerrufen wurde. Da die Tochter des Erblassers nicht nachweisen konnte, dass ein Widerruf vorlag, wurde der Erbschein zugunsten des Beteiligten zu 1 erteilt.

Arbeitsrecht

Kündigung wegen Kirchenaustritts – Benachteiligung wegen der Religion

BAG Entscheidung vom 01.02.2024 2 AZR 196/22

 

Sachverhalt:

Das Gericht hatte über die Wirksamkeit zweier Kündigungen zu entscheiden, die ein kirchlicher Arbeitgeber gegenüber einer Mitarbeiterin aussprach, nachdem diese aus der katholischen Kirche ausgetreten war. Der Fall betraf auch damit verbundene Zahlungsansprüche. Die Klägerin war in einer katholischen Beratungsstelle beschäftigt, die sich auf die Schwangerschaftsberatung spezialisiert hatte und gemäß den Richtlinien der Kirche arbeitete. Nach ihrem Kirchenaustritt argumentierte der Arbeitgeber, dass die Klägerin nicht mehr die erforderliche Loyalität gegenüber den kirchlichen Lehren aufweise, was für ihre Position in der Schwangerschaftsberatung als wesentlich angesehen wurde. Der Fall behandelt die Frage, ob die Kündigung rechtens war und ob die Klägerin Anspruch auf eine Entschädigung wegen Diskriminierung sowie auf Annahmeverzugsvergütung hat, nachdem die Vorinstanzen ihr bereits zugestimmt hatten. Der Beklagte legte gegen diese Entscheidungen Revision ein.

Entscheidung:

Das Gericht hat entschieden, dass die Kündigungen der Klägerin unmittelbar diskriminierend aufgrund ihrer Religion waren. Es wurde festgestellt, dass die Kündigungen direkt mit dem Kirchenaustritt der Klägerin und somit aus Gründen der Religion erfolgten, was nach § 1 AGG und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG als unmittelbare Diskriminierung gilt. Da die Klägerin keine kirchlich gebundenen pastoralen oder katechetischen Aufgaben erfüllte, fand das Gericht keine ausreichende Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung aufgrund ihres Kirchenaustritts. Zudem wurde hervorgehoben, dass der Schutz des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit auch das Recht einschließt, keiner Religion anzugehören. Daher waren die Kündigungen nicht gerechtfertigt und die Ungleichbehandlung der Klägerin war nicht mit den Vorgaben des Unionsrechts zu vereinbaren.

Beamtenrecht

VG München, Urteil v. 07.02.2024 – M 5 K 21.5011

Amtsangemessene Beschäftigung – keine rechtswidrige “Unterbeschäftigung”

 

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Verwaltungsinspektor in der Besoldungsgruppe A 9, arbeitet seit 2009 im Jobcenter und wurde zuletzt als Clearingmitarbeiter eingesetzt. Er sieht seine derzeitige Tätigkeit als nicht amtsangemessen an, da er nach einer Umstrukturierung im Jobcenter 2016 keine eigene Fallbetreuung mehr hat, sondern nur unterstützende Aufgaben übernimmt. Dies steht im Gegensatz zu seiner vorherigen Rolle als Leistungssachbearbeiter, bei der er umfangreichere und anspruchsvollere Aufgaben hatte.

Nachdem die Beklagte mehrmals die Amtsangemessenheit seiner Beschäftigung bestätigte und auf Basis einer neuen Arbeitsplatzbeschreibung und Stellenbewertung von 2021 argumentierte, dass die Aufgaben des Klägers den Anforderungen seiner Besoldungsgruppe entsprechen, erhob der Kläger Klage. Er fordert eine anderweitige, gleichwertige und amtsangemessene Beschäftigung.

Das Verfahren wurde zunächst an das Verwaltungsgericht München verwiesen und befindet sich aktuell in der mündlichen Verhandlungsphase. Die Beklagte hält an ihrer Position fest, dass der Kläger amtsangemessen beschäftigt wird und auch komplexe Entscheidungen trifft, die seinen Qualifikationen entsprechen.

Entscheidung:

Das Gericht entschied, dass die Klage des Klägers zulässig, jedoch unbegründet sei. Es befand, dass der Kläger, ein Verwaltungsinspektor der Besoldungsgruppe A 9, amtsangemessen beschäftigt wird. Laut Gericht hat ein Beamter grundsätzlich Anspruch auf eine seiner Besoldungsgruppe entsprechende Beschäftigung, jedoch kein Recht auf Beibehaltung eines spezifischen Dienstpostens oder unveränderte Aufgaben.

Das Gericht stellte fest, dass der Kläger trotz der Veränderung seiner Tätigkeiten durch eine Umstrukturierung im Jobcenter weiterhin Aufgaben wahrnimmt, die seiner Besoldungsgruppe entsprechen. Die von ihm ausgeübten Funktionen als Clearing-Mitarbeiter, die Entscheidungen über Leistungsansprüche und die Prüfung von Bedürftigkeit beinhalten, wurden als qualitativ und quantitativ angemessen für seine Besoldungsgruppe bewertet.

Die Behörde hat nach Gerichtsansicht ihren Ermessensspielraum nicht überschritten, indem sie den Kläger nicht mehr als Leistungssachbearbeiter, sondern in anderen Funktionen einsetzte. Es wurde anerkannt, dass Änderungen in der Organisation und der Aufgabenverteilung auf sachliche Gründe zurückgeführt werden können und diese im Rahmen des Organisationsermessens des Dienstherrn liegen.

Zusammenfassend wurde bestätigt, dass die Beschäftigung des Klägers den Anforderungen seiner Besoldungsgruppe entspricht und keine rechtswidrige “Unterbeschäftigung” oder missbräuchliche Zuweisung von Aufgaben vorliegt. Der Kläger muss demnach die ihm zugewiesenen Veränderungen in seinem Aufgabenbereich akzeptieren.

Schulrecht

Zur gerichtlichen Kontrolldichte beim Nichtbestehen der Abiturprüfung

OVG 23.04.2024 3 LA 80/21

Sachverhalt:

Das Gericht hatte über den Antrag eines Klägers zu entscheiden, der die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil anstrebte, welches seine Abiturprüfungsergebnisse betraf. Der Kläger focht die Bewertung seiner Leistungen in den schriftlichen Prüfungen der Fächer Englisch, Deutsch und Geographie sowie der mündlichen Prüfung im Fach Biologie an. Er argumentierte, dass Bewertungsfehler vorlägen und seine Lösungen unangemessen bewertet worden seien. Das Gericht musste beurteilen, ob ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des ursprünglichen Urteils bestanden und ob die Sache grundsätzliche Bedeutung hatte, um eine Berufung zuzulassen.

Entscheidung:

Das Gericht entschied, dass der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung unbegründet ist und somit abgelehnt wurde. Es fand keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die ursprüngliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die die Bewertungen seiner Abiturprüfungen betraf, ernsthafte Richtigkeitszweifel aufwies. Der Kläger konnte auch nicht darlegen, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Daher bleibt das Urteil des Verwaltungsgerichts bestehen, und der Kläger hat keinen Anspruch darauf, in anderer Weise bewertet zu werden.

News:

Bundesverfassungsgericht hebt politischen Beamtenstatus von NRW-Polizeipräsidenten auf

Beamtenstatus

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden, dass die Einstufung der Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen als politische Beamte nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Richter erklärten am Donnerstag die betreffende Regelung des Landesbeamtengesetzes NRW für nichtig.

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