Überblick über Recht – Wirtschaft – Politik

Themenübersicht
Erbrecht
Kostentragungspflicht im Nachlassverfahren
BGH vom 27.11.2024 – IV ZB 12/24
Sachverhalt:
Ein Erbstreit zwischen den Beteiligten drehte sich um die Einziehung eines Erbscheins. Der Sohn des Erblassers beantragte beim Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins, was dieses ablehnte. Gegen diese Entscheidung legte er Beschwerde beim Oberlandesgericht ein, während die Ehefrau des Erblassers sich ebenfalls anwaltlich vertreten ließ. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde zurück und entschied, dass der Beschwerdeführer die Kosten tragen muss. Später setzte das Nachlassgericht auf Antrag der Witwe Kosten gegen den Sohn fest, wogegen er sich erneut wehrte und schließlich den Bundesgerichtshof (BGH) anrief.
Entscheidung:
Der BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen und wies die Rechtsbeschwerde des Sohnes zurück. Er stellte klar, dass die Kostenentscheidung des Oberlandesgerichts nach § 84 FamFG auch die notwendigen Aufwendungen weiterer Beteiligter umfasst. Dazu zählen insbesondere die Anwaltskosten der Witwe, da ein juristisch nicht einfach gelagerter Fall vorlag. Zudem sei es gerechtfertigt, dass sich die Witwe anwaltlich vertreten ließ, insbesondere da der Sohn selbst anwaltlich vertreten war. Damit blieb es dabei, dass der erfolglose Rechtsmittelführer sämtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.
Arbeitsrecht
Mitteilungspflichten gegenüber Betriebsrat im Rahmen von Kündigungsschutz
LAG Niedersachsen – 5.11.2024 – 10 Sa 817/23
Sachverhalt:
Eine Arbeitnehmerin wurde während der gesetzlichen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes gekündigt und klagte gegen die Kündigung. Sie argumentierte, dass die Kündigung wegen ihrer vorherigen Beschwerden bei der Stationsleitung und dem Betriebsrat erfolgte und damit gegen das Maßregelungsverbot verstoße. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden, da die Angaben des Arbeitgebers zur Begründung der Kündigung zu vage gewesen seien. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, da kein hinreichender zeitlicher Zusammenhang zwischen der Beschwerde und der Kündigung bestand und die Betriebsratsanhörung als ausreichend erachtet wurde. Die Klägerin legte daraufhin Berufung ein und forderte eine ausführlichere Begründung der Kündigungsgründe in der Betriebsratsanhörung.
Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung der Klägerin zurück. Es stellte klar, dass der Betriebsrat auch während der Wartezeit des Kündigungsschutzes vor einer Kündigung angehört werden muss. Allerdings genügt es, wenn der Arbeitgeber seine subjektiven Kündigungsgründe mitteilt, ohne diese an den strengen Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes messen zu müssen. Da die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die wesentlichen Gründe – laute Streitereien mit Kollegen trotz ergebnisloser Gespräche – informiert hatte, war die Anhörung ordnungsgemäß. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte oder irreführende Information des Betriebsrats und hielt die Kündigung daher für wirksam.
Beamtenrecht
Kürzung der beamtenrechtlichen Dienstbezüge für drei Jahre, hier: Reichsbürger
VGH München – Urteil vom 4.12.2024 – 16a D 21.3008
Sachverhalt:
Eine Lehrerin wurde wegen Verstößen gegen die Verfassungstreuepflicht disziplinarrechtlich belangt, nachdem sie einen Staatsangehörigkeitsausweis mit Bezug auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 beantragt hatte. Dabei machte sie Angaben, die für sogenannte „Reichsbürger“ typisch sind und die Existenz der Bundesrepublik Deutschland infrage stellen. Zudem äußerte sie sich in weiteren Schreiben an Behörden in einer Weise, die auf eine Nähe zur Reichsbürgerbewegung schließen ließ. Die Disziplinarbehörde enthob sie vorläufig des Dienstes und behielt 50 % ihrer Bezüge ein. Die Behörde beantragte ihre Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, während sich die Lehrerin später von ihren Aussagen distanzierte und erklärte, unter dem Einfluss einer emotionalen Abhängigkeit gehandelt zu haben.
Entscheidung:
Das Gericht stellte fest, dass die Lehrerin ihre Pflicht zur Verfassungstreue verletzt und sich damit eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Aufgrund ihrer glaubhaften Distanzierung von der Reichsbürgerbewegung und ihrer besonderen persönlichen Situation – insbesondere einer psychischen Abhängigkeit von einer Bezugsperson – sah das Gericht jedoch von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ab. Stattdessen wurde ihre Besoldung für drei Jahre um 10 % gekürzt. Eine weitergehende Disziplinarmaßnahme, wie eine Zurückstufung, kam nicht in Betracht, da sie sich noch im Eingangsamt befand. Das Gericht berücksichtigte zudem die lange Dauer des Verfahrens als mildernden Umstand.
Schulrecht
Eilantrag auf vorläufige Zulassung zu einer mündlichen Abiturprüfung und Durchführung einer Nachprüfung
VGH Mannheim, Beschluss vom 7.11.2024 – 9 S 1004/24
Sachverhalt:
Eine Schülerin beantragte die vorläufige Zulassung zur mündlichen Abiturprüfung sowie eine Neubewertung ihrer mündlichen Note im Fach Biologie. Hintergrund war, dass sie aufgrund einer unzureichenden Bewertung in diesem Fach die erforderliche Punktzahl für die Zulassung nicht erreichte. Sie argumentierte, dass ihre Leistung fehlerhaft bewertet wurde und ihre Note eigentlich höher ausfallen müsste. Zudem bemängelte sie eine fehlende oder unzureichende Begründung der Bewertung durch die Lehrkraft. Das Verwaltungsgericht lehnte ihren Antrag ab, woraufhin sie Beschwerde einlegte.
Entscheidung:
Das Gericht stellte fest, dass schulische Leistungsbewertungen vorrangig eine pädagogische Aufgabe sind und daher nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind. Lehrkräfte sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Bewertungen umfassend zu begründen, es sei denn, die Schülerin oder ihre Eltern verlangen dies konkret und substantiiert. In diesem Fall wurden die Gründe für die Bewertung auf Nachfrage dargelegt, sodass kein Anspruch auf Neubewertung bestand. Da keine Bewertungsfehler oder sachfremde Erwägungen nachgewiesen wurden, bestand auch kein Anspruch auf eine Notenanpassung. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen, und die Schülerin trägt die Kosten des Verfahrens.
News diese Woche:
BGH: Widerrufsbelehrung auch ohne Telefonnummer gültig
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass eine Widerrufsbelehrung auch dann gültig ist, wenn sie keine Telefonnummer enthält, sofern eine Postanschrift und E-Mail-Adresse angegeben sind (Az. VIII ZR 143/24). Ein Verbraucher hatte den Kauf eines Neuwagens widerrufen und argumentiert, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe, da die Belehrung unvollständig sei. Der BGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und stellte klar, dass eine Telefonnummer nicht zwingend erforderlich ist, solange eine schnelle und effiziente Kommunikation anderweitig gewährleistet ist. Zudem sei die Telefonnummer des Händlers auf dessen Website ohnehin leicht auffindbar gewesen. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hielt der BGH für entbehrlich, da die Beurteilung der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung eindeutig sei.