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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Ausschlagungserklärung durch bevollmächtigten Rechtsanwalt 

OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 16.01.2025 – 21 W 123/24 

Sachverhalt: 

Ein Mann schlug für seinen Sohn die Erbschaft seines verstorbenen Vaters aus, da der Nachlass zunächst als überschuldet erschien. Später stellte sich jedoch heraus, dass eine nicht eingeforderte Pflegegeldnachzahlung in Höhe von fast 19.000 Euro existierte. Daraufhin wollte er die Ausschlagung anfechten und beauftragte seinen Anwalt, die Erklärung per beA an das Nachlassgericht zu übermitteln. Das Nachlassgericht wies seinen Antrag auf einen Erbschein zurück, da die Anfechtungserklärung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erfolgte. Der Mann legte Beschwerde ein und argumentierte, dass sein Anwalt mit einer öffentlich beglaubigten Vollmacht ausgestattet war, weshalb die Formanforderungen erfüllt seien. 

 
Entscheidung: 

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts. Es stellte klar, dass die Anfechtungserklärung – genauso wie die Ausschlagung selbst – entweder vor dem Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen muss. Eine per beA eingereichte Anfechtungserklärung ersetzt diese Form nicht, auch wenn der bevollmächtigte Anwalt über eine öffentlich beglaubigte Vollmacht verfügt. Die Beglaubigung der Vollmacht entbindet nicht von der Pflicht zur öffentlichen Beglaubigung der Anfechtungserklärung selbst. Da die Erklärung somit unwirksam war, blieb die Erbausschlagung bestehen, und der Mann wurde nicht Erbe. 

Arbeitsrecht

Zuständigkeit einer Einigungsstelle 

LAG Köln, Beschluss vom 28.01.2025 – 9 TaBV 88/24 

Sachverhalt: 
Ein Unternehmen plante, ein konzernweit einheitliches IT-System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen, das Anwesenheitszeiten sowie die Personaleinsatzplanung erfassen sollte. Der Gesamtbetriebsrat forderte Verhandlungen über eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Einführung des Systems, während die Arbeitgeberin argumentierte, dass nur der Konzernbetriebsrat zuständig sei. Nachdem die Arbeitgeberin Verhandlungen verweigerte, beantragte der Gesamtbetriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle. Das Arbeitsgericht Bonn setzte eine Einigungsstelle ein, bestimmte einen Vorsitzenden und legte die Anzahl der Beisitzer auf drei fest. Die Arbeitgeberin legte Beschwerde ein, weil sie die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für gegeben hielt. 

Entscheidung: 
Das Landesarbeitsgericht wies die Beschwerde der Arbeitgeberin zurück und bestätigte die Einsetzung der Einigungsstelle. Es entschied, dass nicht eindeutig feststehe, ob die Einführung des IT-Systems auf Konzernebene oder auf Ebene der Gesamtbetriebsräte zu regeln sei. Da technische und organisatorische Details zur Verwaltung des Systems noch ungeklärt seien, könne die Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht offensichtlich ausgeschlossen werden. Der gewählte Vorsitzende sei sachgerecht, da er bereits eine ähnliche Einigungsstelle auf Konzernebene leite, was eine widersprüchliche Bewertung vermeide. Auch die festgelegte Anzahl von drei Beisitzern sei ausreichend, um die Interessen der Beteiligten angemessen zu berücksichtigen. 

Beamtenrecht

Bürgermeisterwahl – Verschweigen von Ermittlungen 

VG Karlsruhe, Urteil vom 28.01.2025 – 14 K 6652/24 

 

Sachverhalt: 

Ein Polizeihauptkommissar wurde zum Bürgermeister gewählt, obwohl gegen ihn ein straf- und disziplinarrechtliches Verfahren lief. Nach der Wahl legten mehrere Bürger Einspruch ein, weil der Kandidat diese Verfahren nicht offenlegte. Das Landratsamt erklärte die Wahl für ungültig, da der Kläger durch irreführende Aussagen eine unzulässige Wahlbeeinflussung begangen habe. Der Kläger erhob Klage und argumentierte, die Einspruchsbescheide enthielten eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung, wodurch die Klagefrist nicht abgelaufen sei. Zudem bestritt er, durch seine Aussagen Wähler getäuscht zu haben. 

Entscheidung:  

Das Gericht wies die Klage als unzulässig ab, da sie verspätet erhoben wurde. Die Rechtsbehelfsbelehrung war nicht fehlerhaft, da sie klar formuliert war und den Kläger als Adressaten eindeutig einbezog. Selbst wenn Unklarheiten bestanden hätten, seien diese durch das Begleitschreiben des Landratsamts ausgeräumt worden. Unabhängig davon bestätigte das Gericht die Ungültigerklärung der Wahl, da der Kläger durch irreführende öffentliche Äußerungen einen erheblichen Wahlfehler begangen habe. Da dieser Fehler das Wahlergebnis beeinflusst haben könnte, blieb die Annullierung der Wahl rechtmäßig. 

Schulrecht

Abbruch eines Auswahlverfahrens 

VG Hannover, Beschluss vom 4.02.2025 – 2 B 5359/24 

Sachverhalt: 
Ein Bewerber für die Position des Präsidenten einer Hochschule klagte gegen den Abbruch des Auswahlverfahrens. Das Verfahren war zuvor bereits einmal rechtswidrig abgebrochen worden und auf Anordnung des Gerichts fortzusetzen. Nachdem der Hochschulsenat eine neue Auswahlrunde beschloss, brach das zuständige Fachministerium das Verfahren erneut ab. Als Begründung wurden fehlende Dokumentation der Bestenauslese und Bedenken zur Eignung der verbliebenen Bewerber angeführt. Der Bewerber beantragte einstweiligen Rechtsschutz, um das Auswahlverfahren fortzuführen. 

Entscheidung: 
Das Gericht entschied, dass das Auswahlverfahren fortgesetzt werden muss, da das Fachministerium zum Zeitpunkt des Abbruchs nicht zuständig war. Die Entscheidung über den Abbruch hätte erst nach Vorlage eines abschließenden Wahlvorschlags durch den Senat erfolgen dürfen. Zudem lag kein sachlicher Grund für den Abbruch vor, da die behaupteten Mängel des Verfahrens heilbar waren. Die Wissenschaftsfreiheit der Hochschule wurde durch das ministerielle Eingreifen unangemessen eingeschränkt. Daher wurde der Senat verpflichtet, das Auswahlverfahren fortzusetzen. 

News diese Woche:

Verfassungsgericht weist weitere Eilanträge ab 

Das Bundesverfassungsgericht hat weitere Eilanträge gegen die geplante Abstimmung des alten Bundestags über das Finanzpaket abgewiesen. FDP, AfD, BSW und Die Linke hatten argumentiert, dass der alte Bundestag nach der Wahl keine weitreichenden Entscheidungen mehr treffen dürfe und die Abgeordneten nicht genug Zeit zur Beratung gehabt hätten. Karlsruhe entschied jedoch, dass der alte Bundestag bis zum ersten Zusammentritt des neuen Bundestags voll beschlussfähig bleibt. Damit kann die Abstimmung über die Grundgesetzänderung für das 500-Milliarden-Sondervermögen und die Lockerung der Schuldenbremse stattfinden. Die AfD wollte zudem eine frühere Konstituierung des neuen Bundestags erzwingen, jedoch gibt es für diese Frage noch keine eindeutige rechtliche Klärung. 

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