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Unabhängigkeit von ARD und ZDF bedeutet nicht „Haltung zeigen“ und Gendern

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Unabhängigkeit von ARD und ZDF bedeutet nicht „Haltung zeigen“ und Gendern

Rundfunk

ARD und ZDF erhalten Rundfunkbeiträge, um ihre Rolle als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten zu finanzieren. Diese Finanzierung ist eng mit ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag verknüpft, der sich aus Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) ableitet. Nach diesem Auftrag sollen ARD und ZDF eine „Grundversorgung“ der Bevölkerung mit Informationen, Bildung, Kultur und Unterhaltung sicherstellen, die frei von staatlicher und wirtschaftlicher Einflussnahme ist.

Der Rundfunkbeitrag dient dazu, die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu gewährleisten und sicherzustellen, dass sie ihre Aufgaben ohne kommerziellen Druck erfüllen können. Diese Finanzierungsmethode wurde vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt, da sie als wesentlich für die Sicherung der Rundfunkfreiheit und die Gewährleistung der Meinungsvielfalt angesehen wird​​.

Die Unabhängigkeit von ARD und ZDF ist aus mehreren grundlegenden Gründen von zentraler Bedeutung, die alle auf die Sicherung demokratischer Grundwerte und die Gewährleistung eines freien und pluralistischen Meinungsbildungsprozesses abzielen:

  1. Sicherung der Rundfunkfreiheit (Art. 5 GG): Die Rundfunkfreiheit ist ein wesentliches Grundrecht, das in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert ist. Diese Freiheit ist eine dienende Freiheit, die nicht nur die Freiheit der Rundfunkanstalten selbst schützt, sondern vor allem dazu dient, die freie Meinungsbildung in der Gesellschaft zu gewährleisten. Eine unabhängige Berichterstattung ist daher unerlässlich, um den Bürgern eine ungehinderte und vielfältige Informationsbasis zu bieten.

  2. Vermeidung staatlicher und wirtschaftlicher Einflussnahme: Die Unabhängigkeit von ARD und ZDF schützt diese Institutionen vor staatlicher und wirtschaftlicher Einflussnahme, die die Objektivität und Vielfalt der Berichterstattung gefährden könnte. Ohne diese Unabhängigkeit könnten politische oder wirtschaftliche Interessen die Berichterstattung dominieren und so die Meinungsvielfalt einschränken.

  3. Gewährleistung der Meinungsvielfalt: Ein zentrales Ziel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es, ein breites Spektrum an Meinungen und Informationen abzubilden. Diese Vielfalt ist nur durch eine unabhängige Programmgestaltung möglich, die frei von äußeren Einflüssen ist und sich allein an journalistischen Standards und dem Informationsbedürfnis der Gesellschaft orientiert.

  4. Grundversorgung der Bevölkerung: ARD und ZDF haben den Auftrag, die gesamte Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Informationen, Bildung, Kultur und Unterhaltung zu versorgen. Dieser Auftrag erfordert, dass die Programme ausgewogen, unparteiisch und umfassend sind, was wiederum nur durch eine unabhängige Redaktion und Programmgestaltung sichergestellt werden kann.

  5. Bestands- und Entwicklungsgarantie: Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Bestands- und Entwicklungsgarantie benötigt, um seine Aufgaben langfristig und unabhängig erfüllen zu können. Diese Garantie umfasst nicht nur finanzielle, sondern auch organisatorische und personelle Unabhängigkeit​​.

Die Frage, ob das „Gendern“ und das Zeigen von „Haltung“ in politischen Fragen mit der Unabhängigkeit und dem Auftrag von ARD und ZDF vereinbar ist, wird kontrovers diskutiert.

  1. Unabhängigkeit und Neutralität: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist verpflichtet, neutral und unabhängig zu berichten, um die Meinungsvielfalt zu sichern und der gesamten Gesellschaft zu dienen. Dies bedeutet, dass die Berichterstattung nicht einseitig oder parteiisch sein sollte, sondern verschiedene Perspektiven umfassen muss. Kritiker des „Genderns“ und der sogenannten „Haltungsjournalismus“ argumentieren, dass diese Praktiken die Neutralität der Berichterstattung gefährden könnten, da sie bestimmte gesellschaftspolitische Positionen bevorzugen.

  2. Auftrag zur Abbildung gesellschaftlicher Entwicklungen: Befürworter des „Genderns“ und des Zeigens von Haltung argumentieren, dass ARD und ZDF eine Verantwortung haben, gesellschaftliche Entwicklungen und Debatten widerzuspiegeln. Das Gendern könnte als Versuch verstanden werden, die gesellschaftliche Realität und den Wandel in der Sprache und in den Normen abzubilden. Das Zeigen von Haltung in bestimmten Fragen wird oft als Ausdruck journalistischer Verantwortung gesehen, insbesondere wenn es um die Verteidigung von Grundrechten oder den Schutz demokratischer Werte geht.

  3. Meinungsvielfalt: Ein zentraler Punkt ist, ob durch das „Gendern“ und das Zeigen von Haltung die Vielfalt der Meinungen im Programm tatsächlich eingeschränkt wird oder ob es eher dazu beiträgt, ein breiteres Spektrum gesellschaftlicher Positionen darzustellen. Die Rundfunkfreiheit verlangt, dass unterschiedliche Perspektiven und Meinungen in der Berichterstattung berücksichtigt werden. Wenn jedoch das „Gendern“ und das Zeigen von Haltung zu einer einseitigen Darstellung führen, könnte dies als Verstoß gegen den Pluralitätsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks betrachtet werden.

  4. Rechtsprechung und Rundfunkurteile: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen immer wieder betont, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein ausgewogenes und vielfältiges Programm anbieten muss, das die Meinungsfreiheit und die Meinungsvielfalt fördert. Jede Form von journalistischer Praxis, die als einseitig oder bevormundend wahrgenommen wird, könnte daher kritisch auf ihre Vereinbarkeit mit dem verfassungsmäßigen Auftrag überprüft werden​​.

Das Gendern und das Zeigen von Haltung in der Berichterstattung können als Formen der Einflussnahme auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung verstanden werden.

Beide Praktiken haben das Potenzial, die Art und Weise, wie Informationen wahrgenommen und interpretiert werden, zu beeinflussen. Dies geschieht auf verschiedene Weise:

  1. Sprache als Instrument der Beeinflussung: Sprache formt unser Denken und unsere Wahrnehmung der Welt. Durch das Gendern, also die bewusste Verwendung genderneutraler oder geschlechtergerechter Sprache, wird eine bestimmte Sichtweise auf Geschlechterrollen und gesellschaftliche Normen vermittelt. Befürworter argumentieren, dass dies zu mehr Gleichberechtigung und Sensibilisierung führt. Kritiker sehen darin jedoch eine Form von Sprachlenkung, die bestimmte ideologische Positionen unterstützt und andere ausschließt. In beiden Fällen beeinflusst die sprachliche Gestaltung die Art und Weise, wie das Publikum die behandelten Themen wahrnimmt.

  2. Haltungsjournalismus: Wenn Journalistinnen und Journalisten in ihrer Berichterstattung eine bestimmte „Haltung“ zeigen, sei es zu politischen, sozialen oder moralischen Fragen, kann dies die Meinungsbildung der Zuschauer beeinflussen. Die Präsentation von Nachrichten mit einer klaren Wertung oder einem bestimmten moralischen Standpunkt kann dazu führen, dass die Rezipienten diese Haltung übernehmen oder ablehnen. In beiden Fällen beeinflusst dies ihre Meinungsbildung. Der Rundfunkauftrag verlangt zwar von den öffentlich-rechtlichen Sendern, die demokratischen Grundwerte zu verteidigen, aber eine zu starke Betonung bestimmter Positionen kann als Beeinflussung empfunden werden, insbesondere wenn alternative Standpunkte nicht ausreichend dargestellt werden.

  3. Pluralität und Ausgewogenheit: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den Auftrag, eine pluralistische und ausgewogene Berichterstattung zu gewährleisten. Wenn das Gendern oder das Zeigen von Haltung als übermäßig dominant wahrgenommen werden, könnte dies den Eindruck erwecken, dass bestimmte Positionen bevorzugt werden, was zu einer einseitigen Meinungsbildung führen kann. Es ist daher entscheidend, dass solche Praktiken im Einklang mit dem Gebot der Ausgewogenheit stehen und verschiedene Meinungen fair abgebildet werden.

Zum Thema „Politische Haltung“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk veröffentlicht die NZZ am 5.8.2024 einen Beitrag:

Mit den «Sommerinterviews» macht das ZDF Stimmung vor den Wahlen in Ostdeutschland. Das nützt wieder einmal der AfD

In den Gesprächen mit Alice Weidel, Markus Söder oder Ricarda Lang macht man aus seinen politischen Sympathien beim ZDF weiterhin kein Hehl.

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