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Zeitgemäße Befugnisse für die Bundespolizei – Kabinettbeschluss vom 8. Oktober 2025

Arbeitsrecht – Erbrecht - Kommunalrecht

Zeitgemäße Befugnisse für die Bundespolizei – Kabinettbeschluss vom 8. Oktober 2025

deutsche Polizei

Überblick

Die Bundesregierung hat am 8.10.2025 den Entwurf zur Neustrukturierung und Modernisierung des Bundespolizeigesetzes (BPolG) beschlossen. Ziel ist eine klare, technisch aktuelle Befugnisbasis insbesondere für Drohnenabwehr, präventive Telekommunikationsüberwachung, Waffenkontrollen im Bahnbereich sowie Durchgriffsrechte im Migrationsvollzug. Der Entwurf geht nun in das parlamentarische Verfahren. (Bundesregierung)

Weitere Informationen zur Drohnenabwehr: Drohnenabschuss: Polen und Deutschland im Rechtsvergleich


Was ändert sich konkret?

  1. Drohnen: Einsatz eigener Systeme und Abwehr feindlicher Drohnen

    • Einsatz “mobiler Sensorträger” (eigene Drohnen) zur Lageaufklärung in den originären Zuständigkeitsbereichen der Bundespolizei (u. a. Bahn, Flughäfen), mit besonderen Hürden bei intensiven Datenerhebungen.

    • Rechtsgrundlage für die Abwehr unbemannter Systeme (bis hin zu physischen Einwirkungen gegen Drohne, Steuerung oder Link), wenn andere Mittel nicht ausreichen. In der Begründung ausdrücklich auf Bahnhöfe, Flughäfen, Schiffe, Ministerien abgestellt.

    • Strukturaufbau: geplante Drohnenabwehreinheit bei der BPOLD 11 (GSG-9-Verbund) sowie ein bund-länder-übergreifendes Drohnenabwehrzentrum.

    • Ressourcen: jährliche Mehrausgaben u. a. für Abwehrtechnik; zusätzlich neue Planstellen (u. a. Luftraummanagement).

  2. Telekommunikationsüberwachung (präventiv) inkl. Quellen-TKÜ

    • Präventive TKÜ zur Abwehr erheblicher Gefahren (u. a. Extremismus, Schleusung), richterlicher Beschluss erforderlich; Kernbereichsschutz bleibt Maßstab. Quellen-TKÜ als gezielte Maßnahme gegen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vorgesehen.

  3. Waffenkontrollen im Bahnbereich

    • Verdachtsunabhängige Stichprobenkontrollen in Waffen- und Messerverbotszonen auf Bahnhöfen und in Zügen. Ziel: schnelle Gefahrenabwehr an besonders exponierten Orten.

  4. Migrationsvollzug / Abschiebungshaft

    • Bundespolizei kann bei Aufgriffen vollziehbar Ausreisepflichtiger in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Abschiebungshaft beim Gericht beantragen, um Untertauchen zu verhindern.

  5. Aufenthaltsrechtliche Gefahrenabwehrinstrumente

    • Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote als präventive Instrumente in eng umgrenzten Gefahrenszenarien.

  6. Integrität der Organisation

    • Zuverlässigkeitsüberprüfung bei Neueinstellungen zum Schutz vor extremistischen Unterwanderungen.

Verfahrensstand: Kabinettbeschluss; Zustimmung von Bundestag und Bundesrat steht aus.


Warum diese Anpassungen? 

1. Neue Bedrohungslage durch Drohnen
Illegale oder gefährdende Drohnenflüge haben den Flugbetrieb gestört (u. a. München) und exponierte Anlagen/Veranstaltungen bedroht. Bisher fehlte eine ausdrückliche, bereichsspezifische Kompetenznorm im BPolG; die Reform schließt diese Regelungslücke und bündelt Fähigkeiten organisatorisch (Einheit/Zentrum). Effekt: schnelleres Erkennen, Stören und notfalls Neutralisieren, ohne Kompetenzgerangel. 

2. Technologiewandel in der Kommunikation
Gefahrenabwehr verlagert sich in verschlüsselte digitale Umgebungen. Präventive TKÜ (mit Richtervorbehalt) und Quellen-TKÜ sollen punktgenau, verhältnismäßig und kernbereichsschonend dort ansetzen, wo offene Maßnahmen nicht mehr ausreichen.

3. Schutz exponierter Verkehrsräume
Bahnhöfe und Züge sind hochfrequentierte, verwundbare Räume. Stichprobenartige, anlasslose Kontrollen in klar gekennzeichneten Waffen-/Messerverbotszonen sollen die Entdeckung und Prävention von Gewaltlagen verbessern – mit enger Zweckbindung und Dokumentation. 

4. Wirksamkeit im Migrationsvollzug
Lücken zwischen polizeilichem Aufgriff und richterlicher Haftanordnung führten zu Vollzugsdefiziten. Die Antragskompetenz zur Abschiebungshaft soll die Verfahrenskette schließen, ohne die gerichtliche Kontrolle zu schwächen. 

5. Organisatorische Resilienz
Die Zuverlässigkeitsprüfung sichert die Integrität der Bundespolizei angesichts gezielter Infiltrationsversuche. 


Verfassungsrechtliche Einordnung 

  • Gesetzesvorbehalt & Normenklarheit: Die Reform kodifiziert bislang verstreute/implizite Maßnahmen ausdrücklich im BPolG; das soll Transparenz und Vorhersehbarkeit schaffen.

  • Verhältnismäßigkeit & Richtervorbehalt: Intensivmaßnahmen (insb. präventive TKÜ/Quellen-TKÜ) bedürfen richterlicher Anordnung und Kernbereichsschutzes; Datenerhebungen sind zweckgebunden und protokolliert

  • Bund/Land-Abgrenzung: Die Maßnahmen fokussieren die originären Bundespolizei-Domänen (Grenze, Bahn, Luftsicherheit, See). Eine militärische Drohnenabwehr im Innern bleibt verfassungsrechtlich gesondert (LuftSiG-Anpassungen werden separat diskutiert); polizeiliche Abwehr bleibt Sache der Polizei


Umsetzung, Ressourcen, Governance

  • Aufbau von Fähigkeiten: Drohnenabwehreinheit (BPOLD 11) und Abwehrzentrum (Bund/Länder) bündeln Technik, Training und Luftraummanagement.

  • Kosten/Personal: Mittel für eigene Drohnen und Abwehrsysteme sowie zusätzliche Vollzeitstellen sind eingeplant; genaue Ansätze wurden medienöffentlicht beziffert. Controlling und Evaluationsklauseln sind empfehlenswert, um Wirksamkeit und Grundrechtssensibilität messbar zu halten.

 

Die Novelle soll regelungs- und fähigkeitsseitige Lücken des seit 1994 geprägten BPolG schließen: explizite Drohnenbefugnisse, moderne TK-Aufklärung mit rechtsstaatlichen Hürden, präventive Waffenkontrollen an neuralgischen Orten sowie effizientere Verfahren im Migrationsvollzug. Entscheidend für die Verfassungsfestigkeit sind enge Tatbestände, Richtervorbehalt, Kernbereichsschutz, Protokollierung, Löschkonzepte und parlamentarische/gerichtliche Kontrolle. Der Entwurf liegt nun beim Gesetzgeber.


Quellen (Auswahl): Offizielle Darstellung der Bundesregierung (Inhalt/Datum/Schwerpunkte), juristische und mediale Aufbereitung mit Details zu Drohnenabwehr, TKÜ, Waffenzonen, Migrationsvollzug, Strukturaufbau und Kosten. (Bundesregierung)

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