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Kiel - Ostsee Newsletter

Erbrecht

Berücksichtigung eines Wohnrechts im Zugewinnausgleichsverfahren nach Tod des Wohnberechtigten 

OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 2.7.2024 – 6 UF 213/23 

Sachverhalt: 

Ein getrennt lebendes Elternpaar stritt um die Entscheidungsbefugnis für die Wahl des Kindergartens ihres gemeinsamen Kindes sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Die Mutter beantragte die alleinige Entscheidungsbefugnis in verschiedenen Sorgerechtsbereichen, während der Vater ebenfalls Ansprüche geltend machte. Das Amtsgericht entschied zunächst isoliert über die Kindergartenwahl und übertrug der Mutter die Entscheidungsbefugnis, wobei der Vater Beschwerde einlegte. Später beantragte die Mutter zusätzlich die Übertragung des gesamten Sorgerechts, woraufhin das Amtsgericht auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht ihr zusprach. Der Vater legte gegen diese Entscheidung ebenfalls Beschwerde ein. 

 
Entscheidung: 

Das Oberlandesgericht hob die Entscheidungen des Amtsgerichts auf, da es unzulässige Teilentscheidungen getroffen habe. Das Gericht betonte, dass über das Sorgerecht nicht in separaten Verfahren entschieden werden darf, da dies widersprüchliche Urteile nach sich ziehen könnte. Eine isolierte Entscheidung über die Kindergartenwahl sei unzulässig, da diese Teil des umfassenden Sorgerechts sei. Zudem war die Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht verfahrensrechtlich problematisch, da zum Zeitpunkt des Beschlusses ein Antrag auf Übertragung des gesamten Sorgerechts vorlag. Das Verfahren wurde zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, um alle Sorgerechtsfragen zusammen zu behandeln. 

Arbeitsrecht

Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten 

EuGH Urteil vom 29.7.2024 – C-184/22 

Sachverhalt: 
Das Bundesarbeitsgericht legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, ob Teilzeitbeschäftigte bei der Zahlung von Überstundenzuschlägen benachteiligt werden, wenn diese Zuschläge erst bei Überschreiten der Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten gezahlt werden. Die Klägerinnen, beide Teilzeitbeschäftigte, forderten den gleichen Überstundenzuschlag, den Vollzeitbeschäftigte nach 38,5 Stunden erhalten, obwohl ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit darunter liegt. Sie argumentierten, dass diese Regelung eine mittelbare Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts darstelle, da mehr Frauen als Männer in Teilzeit arbeiten. Die Vorinstanzen hatten bereits zugunsten der Klägerinnen entschieden, der Arbeitgeber legte jedoch Revision ein. Das Bundesarbeitsgericht wollte vom EuGH wissen, ob diese Praxis mit EU-Recht vereinbar ist. 

 

Entscheidung: 
Der EuGH entschied, dass die nationale Regelung, die Überstundenzuschläge erst bei Überschreiten der Vollzeitarbeitszeit gewährt, eine mittelbare Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten darstellt. Dies sei insbesondere der Fall, wenn der Großteil der Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, wie im vorliegenden Fall. Eine solche Benachteiligung könne nicht durch das Argument gerechtfertigt werden, dass die Regelung den Arbeitgeber davon abhalten solle, Überstunden anzuordnen. Ebenso wenig sei das Ziel, eine Benachteiligung von Vollzeitbeschäftigten zu verhindern, ausreichend, um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Die Entscheidung stärkt den Schutz von Teilzeitbeschäftigten vor Diskriminierung, insbesondere wenn Frauen überproportional betroffen sind. 

Beamtenrecht

Versetzung in den Ruhestand, Externes Sachverständigengutachten, Amtsärztliche Stellungnahme, Vollständige Dienstunfähigkeit, Persönlichkeitsstörung 

VG München Urteil vom 3. Juli 2024 – M5 K 22.3527 

Sachverhalt: 

Der Kläger, ein Regierungsinspektor, wurde aufgrund dauerhafter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Diese Entscheidung basierte auf einem externen psychiatrischen Gutachten, das eine schwere kombinierte Persönlichkeitsstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung diagnostizierte. Seit 2010 hatte der Kläger – mit Ausnahme eines kurzen Arbeitsversuchs – keinen Dienst mehr geleistet. Mehrere Wiedereingliederungsversuche und Abordnungen scheiterten, teils aufgrund seines Verhaltens. Der Kläger erhob Klage gegen seine Ruhestandsversetzung und machte geltend, dass die Diagnose fehlerhaft sei und er erneut ärztlich untersucht werden müsse. 

 

Entscheidung:  

Das Gericht wies die Klage ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung. Die Feststellung der Dienstunfähigkeit basierte auf einem fachlich fundierten Gutachten, das sowohl die Amtsärztin als auch das Gericht als überzeugend ansahen. Es wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, und das Gutachten enthielt detaillierte Beurteilungen der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers. Die Behörde hatte zudem keine Suchpflicht mehr, da der Kläger aus gesundheitlichen Gründen für keine weitere Verwendung geeignet war. Das Gericht sah auch keine Notwendigkeit für eine erneute amtsärztliche Untersuchung, da die vorliegenden Befunde ausreichend waren. 

Schulrecht

Anspruch auf Schulplatz auf Gymnasium 

VG Berlin Beschluss v om 16.08.2024 – VG 39 L 240/24 

Sachverhalt: 
Die Antragstellerin begehrte im Eilverfahren die vorläufige Aufnahme in die 7. Jahrgangsstufe des Leibniz-Gymnasiums zum Schuljahr 2024/25. Trotz ihrer Anmeldung hatte sie keinen Platz erhalten, da die Anzahl der Bewerbungen die verfügbaren Plätze überschritt. Das Gymnasium hatte vier Klassen mit insgesamt 128 Plätzen eingerichtet, von denen 96 für Schülerinnen und Schüler mit Englisch als erster Fremdsprache vorgesehen waren. Da die verfügbaren Plätze im Rahmen eines Losverfahrens vergeben wurden und die Antragstellerin kein Losglück hatte, blieb ihr die Aufnahme verwehrt. Die Antragstellerin rügte das Verfahren, konnte jedoch keine Verfahrensfehler substantiiert darlegen. 

Entscheidung: 
Das Gericht wies den Antrag ab, da die Antragstellerin keinen Anspruch auf einen Schulplatz am Leibniz-Gymnasium glaubhaft machen konnte. Die Aufnahmeentscheidung war rechtmäßig und entsprach den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der festgelegten Aufnahmekapazität und des Auswahlverfahrens. Die Schule hatte die Plätze korrekt anhand von Aufnahmekriterien, Härtefallregelungen und Losverfahren vergeben. Fehler im Losverfahren, wie von der Antragstellerin behauptet, konnten nicht festgestellt werden. Auch der Einwand eines „unzumutbar weiten Schulwegs“ zur zugewiesenen Ersatzschule war unbegründet, da der Schulweg nachweislich unter einer halben Stunde liegt. 

News diese Woche

BVerfG: Kluges Urteil in einer Zeit der Extreme 

Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des BKA-Gesetzes für verfassungswidrig erklärt, dabei aber die Terrorbekämpfung nicht grundsätzlich behindert. Stattdessen stellt das Urteil sicher, dass staatliche Maßnahmen zur Datensammlung Grenzen haben, um Grundrechte zu schützen. Insbesondere betont das Gericht, dass Daten von Verdächtigen nur dann länger gespeichert werden dürfen, wenn eine konkrete Gefährdungsprognose vorliegt. Diese Entscheidung balanciert das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit, indem es polizeiliche Befugnisse auf rechtsstaatliche Prinzipien zurückführt. In einer Zeit extremer Bedrohungen durch Terror ist dies ein wertvolles Korrektiv, das beide Werte in Einklang bringt. 

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